Sira (Datenbank): Unterschied zwischen den Versionen

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'''SIRA''' ('''System zur Informationsrecherche der HV A'''<ref>Die Auflösung des Kürzels SIRA in den Unterlagen des MfS ist nicht immer einheitlich. Teilweise wurde auch die Schreibweise „System der Informations-Recherche der HV A“ verwendet.</ref>) war ein aus mehreren Teildatenbanken bestehendes Datenbanksystem der Hauptverwaltung Aufklärung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Es enthielt Informationen über die Spionage der DDR ab 1969. Trotz mehrfacher Vernichtungsversuche im Zusammenhang mit der Auflösung des MfS sind bedeutende Teile der Datenbank bis heute erhalten geblieben.<ref>Vgl. BStU: ''[http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Aktenfunde/HVA-Sira/ueberlieferung-und-Rekonstruktion/ueberlieferung-und-rekonstruktion_node.html Überlieferung und Rekonstruktion der Daten des SIRA-Systems]'', eingesehen am 25. August 2011.</ref>
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'''SIRA''' ('''System zur Informationsrecherche der [[Hauptverwaltung Aufklärung|HV A]]'''<ref>Die Auflösung des Kürzels SIRA in den Unterlagen des MfS ist nicht immer einheitlich. Teilweise wurde auch die Schreibweise „System der Informations-Recherche der HV A“ verwendet.</ref>) war ein aus mehreren Teil[[datenbank]]en bestehendes Datenbanksystem der Hauptverwaltung Aufklärung des ehemaligen [[Ministerium für Staatssicherheit|Ministeriums für Staatssicherheit]] (MfS). Es enthielt Informationen über die Spionage der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] ab 1969. Trotz mehrfacher Vernichtungsversuche im Zusammenhang mit der Auflösung des MfS sind bedeutende Teile der Datenbank bis heute erhalten geblieben.<ref>Vgl. [[BStU]]: ''[http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Aktenfunde/HVA-Sira/ueberlieferung-und-Rekonstruktion/ueberlieferung-und-rekonstruktion_node.html Überlieferung und Rekonstruktion der Daten des SIRA-Systems]'', eingesehen am 25. August 2011.</ref>


== Inhalt der Datenbanken ==
== Inhalt der Datenbanken ==
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Ebenfalls gespeichert wurden Nachweise zu zusammengefassten Informationen, die vom MfS an die Staats- und Parteiführung übermittelt wurden (Ausgangsinformationen), Aufträge zur Industrie- und Wirtschaftsspionage (Beauftragungsinformationen), sowie Angaben zu Mitarbeitern westlicher Geheimdienste (Personeninformationen).
Ebenfalls gespeichert wurden Nachweise zu zusammengefassten Informationen, die vom MfS an die Staats- und Parteiführung übermittelt wurden (Ausgangsinformationen), Aufträge zur Industrie- und Wirtschaftsspionage (Beauftragungsinformationen), sowie Angaben zu Mitarbeitern westlicher Geheimdienste (Personeninformationen).


Im Dezember bearbeitete das MfS mit SIRA 19.176 Vorgänge.<ref>Vgl. [[Ilko-Sascha Kowalczuk]]: ''Stasi konkret – Überwachung und Repression in der DDR'', München 2013, S. 230f.</ref> Zum Zeitpunkt der HVA-Auflösung verfügte das SIRA-Datenbanksystem über rund 650.000 Datensätze. Ende 1998 gelang es der [[BStU|Gauck-Behörde]], weite Teile diese Datenbank zu entschlüsseln. Mit Hilfe der [[Rosenholz-Dateien]] lassen sich die in der SIRA-Datenbank gespeicherten Vorgänge konkreten [[Inoffizieller Mitarbeiter|inoffiziellen Mitarbeitern]] zuordnen.
Im Dezember bearbeitete das MfS mit SIRA 19.176 Vorgänge.<ref>Vgl. Ilko-Sascha Kowalczuk: ''Stasi konkret – Überwachung und Repression in der DDR'', München 2013, S. 230f.</ref> Zum Zeitpunkt der HVA-Auflösung verfügte das SIRA-Datenbanksystem über rund 650.000 Datensätze. Ende 1998 gelang es der Gauck-Behörde, weite Teile diese Datenbank zu entschlüsseln. Mit Hilfe der Rosenholz-Dateien lassen sich die in der SIRA-Datenbank gespeicherten Vorgänge konkreten inoffiziellen Mitarbeitern zuordnen.


== Technische Umsetzung ==
== Technische Umsetzung ==
Nach mehrjähriger Vorbereitung wurde SIRA 1974 auf sich in MfS-Besitz befindlichen [[Siemens]] S 4004 Großrechenanlagen in Betrieb genommen. Diese befanden sich zunächst in Berlin-[[Wuhlheide]], ab 1984 in [[Berlin-Hohenschönhausen]]. Als Software kam zunächst das Siemens-eigene GOLEM-System („'''G'''roßspeicher'''o'''rientierte, '''l'''istenorganisierte '''E'''ingabe'''m'''ethode“) zum Einsatz. Ab dem Jahr 1985 wurde die Siemens- Hard- und Software abgelöst und das System schrittweise auf das im [[Ostblock]] entwickelte, [[Einheitliches System Elektronischer Rechentechnik|Einheitliche System Elektronischer Rechentechnik]] (ESER) umgestellt. Hierbei handelte es sich größtenteils um Nachbauten von [[IBM]]-Großrechenanlagen. Als Datenbanksoftware kam das von Robotron entwickelte und vom MfS modifizierte „System für Massendaten“ (SFM) zum Einsatz. Die bisherigen Teilprojekte wurden ab 1986 zu Teildatenbanken eines neuen EDV-Gesamtsystems der HV A. Die durch die Umstellung erforderlichen, aufwändigen Konvertierungen dauerten bis 1989 an.<ref>Vgl. Stephan Konopatzky: ''Möglichkeiten und Grenzen der SIRA-Datenbanken'', S. 113f.</ref>
Nach mehrjähriger Vorbereitung wurde SIRA 1974 auf sich in MfS-Besitz befindlichen Siemens S 4004 Großrechenanlagen in Betrieb genommen. Diese befanden sich zunächst in Berlin-Wuhlheide, ab 1984 in Berlin-Hohenschönhausen. Als Software kam zunächst das Siemens-eigene GOLEM-System („'''G'''roßspeicher'''o'''rientierte, '''l'''istenorganisierte '''E'''ingabe'''m'''ethode“) zum Einsatz. Ab dem Jahr 1985 wurde die Siemens- Hard- und Software abgelöst und das System schrittweise auf das im Ostblock entwickelte, Einheitliche System Elektronischer Rechentechnik (ESER) umgestellt. Hierbei handelte es sich größtenteils um Nachbauten von IBM-Großrechenanlagen. Als Datenbanksoftware kam das von Robotron entwickelte und vom MfS modifizierte „System für Massendaten“ (SFM) zum Einsatz. Die bisherigen Teilprojekte wurden ab 1986 zu Teildatenbanken eines neuen EDV-Gesamtsystems der HV A. Die durch die Umstellung erforderlichen, aufwändigen Konvertierungen dauerten bis 1989 an.<ref>Vgl. Stephan Konopatzky: ''Möglichkeiten und Grenzen der SIRA-Datenbanken'', S. 113f.</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Heinz Busch: ''Die NATO in der Sicht der Auswertung der HV A''. In: Georg Herbstritt, [[Helmut Müller-Enbergs]] (Hrsg.): ''Das Gesicht dem Westen zu… DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland''. Bremen 2003, S. 239-249.
* Heinz Busch: ''Die NATO in der Sicht der Auswertung der HV A''. In: Georg Herbstritt, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): ''Das Gesicht dem Westen zu… DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland''. Bremen 2003, S. 239-249.
* Stephan Konopatzky: ''SIRA (System der Informationsrecherche der HV A)''. In: Roger Engelmann, Bernd Florath, Walter Süß u. a. (Hrsg.): ''Das MfS-Lexikon – Begriffe, Personen und Strukturen der Staatssicherheit der DDR'', Ch. Links Verlag, Berlin 2011, S. 272f.
* Stephan Konopatzky: ''SIRA (System der Informationsrecherche der HV A)''. In: Roger Engelmann, Bernd Florath, Walter Süß u. a. (Hrsg.): ''Das MfS-Lexikon – Begriffe, Personen und Strukturen der Staatssicherheit der DDR'', Ch. Links Verlag, Berlin 2011, S. 272f.
* Stephan Konopatzky: ''Möglichkeiten und Grenzen der SIRA-Datenbanken''. In: Georg Herbstritt, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): ''Das Gesicht dem Westen zu… DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland''. Bremen 2003, S. 112-132.
* Stephan Konopatzky: ''Möglichkeiten und Grenzen der SIRA-Datenbanken''. In: Georg Herbstritt, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): ''Das Gesicht dem Westen zu… DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland''. Bremen 2003, S. 112-132.
* Stephan Konopatzky: ''[http://www.horch-und-guck.info/hug/archiv/2000-2003/heft-39/03914-konopatzky/ Die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von SIRA-Datenbanken am Beispiel der Fälle Stiller und Guillaume]'', [[Horch und Guck]] 39/2002, S. 46–55.
* Stephan Konopatzky: ''[http://www.horch-und-guck.info/hug/archiv/2000-2003/heft-39/03914-konopatzky/ Die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von SIRA-Datenbanken am Beispiel der Fälle Stiller und Guillaume]'', Horch und Guck 39/2002, S. 46–55.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Aktenfunde/HVA-Sira/hva-sira_node.html SIRA – System der Informationsrecherche der HV A] auf der Website des BStU
* [http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Aktenfunde/HVA-Sira/hva-sira_node.html SIRA – System der Informationsrecherche der HV A] auf der Website des BStU
* [http://www.welt.de/print-welt/article252592/Was_bedeuten_die_Begriffe_Sira_und_Rosenholz.html Was bedeuten die Begriffe „Sira“ und „Rosenholz“?], [[Die Welt]] vom 12. August 2003
* [http://www.welt.de/print-welt/article252592/Was_bedeuten_die_Begriffe_Sira_und_Rosenholz.html Was bedeuten die Begriffe „Sira“ und „Rosenholz“?], [[:de:Die Welt|Die Welt]] vom 12. August 2003
* [http://www.ddr-im-www.de/Aktuelles/Aufarbeitung/sira_uebersicht.htm Sira] auf ddr-im-www.de
* [http://www.ddr-im-www.de/Aktuelles/Aufarbeitung/sira_uebersicht.htm Sira] auf ddr-im-www.de


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[[Kategorie:Staatssicherheit (DDR)]]
==Quelle==
[[Kategorie:Nachrichtendienstlicher Begriff]]
* [http://de.wikipedia.org/wiki/Sira_(Datenbank) Deutsche WIkipedia]
[[Kategorie:Informationssystem]]

Aktuelle Version vom 20. April 2016, 09:13 Uhr

SIRA (System zur Informationsrecherche der HV A[1]) war ein aus mehreren Teildatenbanken bestehendes Datenbanksystem der Hauptverwaltung Aufklärung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Es enthielt Informationen über die Spionage der DDR ab 1969. Trotz mehrfacher Vernichtungsversuche im Zusammenhang mit der Auflösung des MfS sind bedeutende Teile der Datenbank bis heute erhalten geblieben.[2]

Inhalt der Datenbanken

Die Datensätze der Eingangsinformationen enthalten Angaben zur informationsbeschaffenden Quelle (Deckname/Registriernummer), zur verantwortlichen Struktureinheit innerhalb des MfS, zum Zeitpunkt der Informationsbeschaffung, sowie über die Art, den Umfang und die Einschätzung der Information. Ferner wurden ein Titel, eine Kurzbeschreibung, Sach-, Länder- und Objektverschlagwortungen, Verteilerlisten und Personenhinweise gespeichert.

Ebenfalls gespeichert wurden Nachweise zu zusammengefassten Informationen, die vom MfS an die Staats- und Parteiführung übermittelt wurden (Ausgangsinformationen), Aufträge zur Industrie- und Wirtschaftsspionage (Beauftragungsinformationen), sowie Angaben zu Mitarbeitern westlicher Geheimdienste (Personeninformationen).

Im Dezember bearbeitete das MfS mit SIRA 19.176 Vorgänge.[3] Zum Zeitpunkt der HVA-Auflösung verfügte das SIRA-Datenbanksystem über rund 650.000 Datensätze. Ende 1998 gelang es der Gauck-Behörde, weite Teile diese Datenbank zu entschlüsseln. Mit Hilfe der Rosenholz-Dateien lassen sich die in der SIRA-Datenbank gespeicherten Vorgänge konkreten inoffiziellen Mitarbeitern zuordnen.

Technische Umsetzung

Nach mehrjähriger Vorbereitung wurde SIRA 1974 auf sich in MfS-Besitz befindlichen Siemens S 4004 Großrechenanlagen in Betrieb genommen. Diese befanden sich zunächst in Berlin-Wuhlheide, ab 1984 in Berlin-Hohenschönhausen. Als Software kam zunächst das Siemens-eigene GOLEM-System („Großspeicherorientierte, listenorganisierte Eingabemethode“) zum Einsatz. Ab dem Jahr 1985 wurde die Siemens- Hard- und Software abgelöst und das System schrittweise auf das im Ostblock entwickelte, Einheitliche System Elektronischer Rechentechnik (ESER) umgestellt. Hierbei handelte es sich größtenteils um Nachbauten von IBM-Großrechenanlagen. Als Datenbanksoftware kam das von Robotron entwickelte und vom MfS modifizierte „System für Massendaten“ (SFM) zum Einsatz. Die bisherigen Teilprojekte wurden ab 1986 zu Teildatenbanken eines neuen EDV-Gesamtsystems der HV A. Die durch die Umstellung erforderlichen, aufwändigen Konvertierungen dauerten bis 1989 an.[4]

Literatur

  • Heinz Busch: Die NATO in der Sicht der Auswertung der HV A. In: Georg Herbstritt, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): Das Gesicht dem Westen zu… DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland. Bremen 2003, S. 239-249.
  • Stephan Konopatzky: SIRA (System der Informationsrecherche der HV A). In: Roger Engelmann, Bernd Florath, Walter Süß u. a. (Hrsg.): Das MfS-Lexikon – Begriffe, Personen und Strukturen der Staatssicherheit der DDR, Ch. Links Verlag, Berlin 2011, S. 272f.
  • Stephan Konopatzky: Möglichkeiten und Grenzen der SIRA-Datenbanken. In: Georg Herbstritt, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): Das Gesicht dem Westen zu… DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland. Bremen 2003, S. 112-132.
  • Stephan Konopatzky: Die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von SIRA-Datenbanken am Beispiel der Fälle Stiller und Guillaume, Horch und Guck 39/2002, S. 46–55.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Auflösung des Kürzels SIRA in den Unterlagen des MfS ist nicht immer einheitlich. Teilweise wurde auch die Schreibweise „System der Informations-Recherche der HV A“ verwendet.
  2. Vgl. BStU: Überlieferung und Rekonstruktion der Daten des SIRA-Systems, eingesehen am 25. August 2011.
  3. Vgl. Ilko-Sascha Kowalczuk: Stasi konkret – Überwachung und Repression in der DDR, München 2013, S. 230f.
  4. Vgl. Stephan Konopatzky: Möglichkeiten und Grenzen der SIRA-Datenbanken, S. 113f.

Quelle