Funkwetter

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Messung einer Sonneneruption auf 70 cm und 13 cm Wellenlänge

Funkwetter ist die Summe aller atmosphärischen und kosmischen Bedingungen, welche den kurzfristigen Zustand des Ausbreitungsverhalten von Funkwellen beeinflussen. Wie das Wetter ist das Funkwetter im strengen physikalischen Sinn als ein bestimmter Zustand an einem bestimmten Ort auf der Erdoberfläche definiert. Bestimmte Funkwetterbedingungen kann es in einem Labor ebenso wie über einem Erdteil geben, ohne dass die Definition des Begriffs „Funkwetter“ verändert wird.

Allgemeines

Funkwellen im Kurzwellenbereich werden an der Ionosphäre reflektiert, wenn sie unter einem bestimmten Winkel auf diese auftreffen. Die Größe des Einfallswinkels, den die Wellen besitzen müssen, damit diese an der Ionosphäre reflektiert werden, hängt von der Frequenz und der Ionisierung (Vorhandensein elektrisch geladener Teilchen) des Ionosphärengases ab. Die Ionisation (Erzeugung elektrisch geladener Teilchen) der Gasmoleküle in der Ionosphäre erfolgt durch elektrisch geladene Elementarteilchen, die als Sonnenwind auf die Atmosphäre der Erde treffen.

Da die Stärke des Sonnenwindes unter anderem vom elfjährigen Sonnenfleckenzyklus abhängt, ist auf der Erde ein ebenfalls elfjähriger Schwankungszyklus des Funkwetters im Kurzwellenbereich deutlich zu beobachten. Aber auch kurzfristige Schwankungen der Sonnenaktivität haben Auswirkungen auf die Kurzwellenausbreitung auf der Erde.

Einflüsse

Vor allem äußere Parameter nehmen Einfluss auf das Funkwetter. Im direkten Umfeld von Sende- bzw. Empfangsanlagen sind es lediglich lokale Ereignisse. Dazu zählen beispielsweise Gewitter oder Inversionswetterlagen.

Die äußeren Einflüsse sind:

Sonnenwind

Die Magnetosphäre schirmt die Erdoberfläche von den geladenen Partikeln des Sonnenwindes ab. (nicht maßstabsgetreu)
Eintritt von Sonnenwindpartikeln über die polaren Trichter

Da der Sonnenwind ein elektrisch leitendes Plasma darstellt, verformt er sowohl das Magnetfeld der Sonne als auch das der Erde. Das irdische Magnetfeld hält den Teilchenschauer zum größten Teil von der Erde ab. Bei einem starken Sonnenwind kann das Plasma das Erdmagnetfeld so stark verformen (Stauchung auf der sonnenzugewandten Seite, Dehnung auf der sonnenabgewandten), dass durch magnetische Rekonnexion geladene Teilchen zur Erde beschleunigt werden und in den hohen Schichten der Erdatmosphäre Polarlichter hervorrufen. Hierbei handelt es sich um sogenannte sekundäre Teilchen, da diese nicht von der Sonne stammen, sondern aus der Magnetosphäre der Erde.

Starke Sonnenwinde haben auch Einfluss auf die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen und können unter anderem den Kurzwellenfunk und die Kommunikation mit Satelliten stören. Sonnenwinde und ihre Auswirkungen auf die Technik sind seit z. B. 1847, 1859, 1921 und 1940 bekannt, weil es zu Störungen in der Telegraphie, an Signalanlagen der Bahn, bei der Radiokommunikation und vereinzelt sogar zum explosionsartigen Durchschmoren von Transformatoren gekommen ist (zu einem Transformatorenausfall ist es z. B. am 13. März 1989 in Quebec gekommen). Es wird für möglich gehalten, dass besonders starke Sonnenwinde zu einem globalen Totalausfall von Stromversorgung und Computerfunktionen führen könnten.

Ein deutlich sichtbares Anzeichen für die Existenz des Sonnenwinds liefern die Kometen: Kometenschweife zeigen immer von der Sonne weg, denn die Gas- und Staubteilchen, welche die Koma und den Schweif bilden, werden vom Sonnenwind mitgerissen. Wegen der Spiralform der Sonnenwindströmung zeigen Kometenschweife nicht exakt von der Sonne weg, sondern in einem leichten Winkel.

Innerhalb der Heliosphäre auf der Sonne gibt es eine Schicht, in der das Magnetfeld der Sonne seine Polarität ändert. Dadurch entstehen elektrische Ströme im Sonnenwind, die von Raumsonden gemessen werden konnten. Diese Schicht ist unregelmäßig geformt und heißt Heliosphärische Stromschicht.

Flares

Koronaler Masseauswurf
Verlauf einer Sonneneruption

Ein Flare, auf Deutsch Sonneneruption, ist ein Gebilde erhöhter Strahlung innerhalb der Chromosphäre der Sonne, das durch Magnetfeldenergie gespeist und zum Teil auch verursacht wird.

  • Als Flare oder chromosphärische Eruption bezeichnet man einfache Plasma-Magnetfeldbögen.
  • Kommt es zu einer Reorganisation der Bögen, die zu einer Ablösung von Plasmaschläuchen führt, so beobachtet man einen erhöhten Masseausstoß. Bezeichnungen dafür sind koronaler Massenauswurf (CME) oder auch eruptive Protuberanz, die damit verbundenen Teilchenströme, Protonenschauer, Solarkosmischer Strahlungsausbruch (engl. Solar Cosmic Ray Event) oder SEP (engl. Solar Energetic Particles). Die Teilchen eines koronalen Masseauswurfs wechselwirken mit dem Sonnenwind und dem interplanetaren Magnetfeld: Schnelle Teilchen werden auf die Geschwindigkeit des Sonnenwinds abgebremst, langsame beschleunigt. Es kommt zur Ausbildung einer breiten Schockfront, die für die Beschleunigung der Teilchen, insbesondere Protonen, auf Energien oberhalb von 10 Mega-Elektronenvolt (MeV) verantwortlich ist. Der Prozess der Beschleunigung heißt SPE (engl. Solar Particle Event, auch Solar Proton Event).
Flare-Klassen in Abhängigkeit von der Intensität der Röntgenstrahlung[1][2]
Formel
Klasse Intensität
X Formel
M Formel
C Formel
B Formel
A Formel

Zudem werden bei fast allen Flares Röntgenstrahlen freigesetzt. Die Gebiete, in denen ein Flare geschieht, senden verstärkt kurzwellige Strahlungen im ultravioletten und im Röntgenbereich sowie Protonen, Elektronen und Ionen aus. Auf der Erde bewirkt dies Störungen der Ionosphäre mit entsprechenden Beeinträchtigungen des Radioverkehrs. Die harte Röntgestrahlung sorgt für eine deutliche zunahme von Protonen in der Ionosphäre. Dadurch lassen die Reflexionseigenschaften dieses Teils der Atmosphäre nach und es kann, bei enorm starken Röntgenereignissen, zum zeitlich begrenzten Totalausfall der Kurzwellenkommunikation kommen (→ siehe auch Mögel-Dellinger-Effekt)

Die Teilchen führen beim Eindringen in die Erdatmosphäre zu magnetischen Stürmen. Von Ionosphärenstürmen spricht man, wenn langsam in die Polarlichtzonen eindringende Partikel die bei Nacht sichtbaren Polarlichter bewirken und es durch stark fluktuierende elektrische Ströme zu erdmagnetischen Störungen kommt. Bei Protonenstürmen dringen die schnellen solaren Protonen in die Polarkappen, mitunter in mittleren Breiten bis zu Höhen von 30 km, ein und erhöhen die Elektronendichte und Adsorption von Kurzwellen.

Interplanetares Magnetfeld

Seitenansicht der Sonne mit idealisiertem Dipolfeld zu einem Sonnenfleckenminimum: die Feldlinien des Sonnenmagnetfelds (blau) und die Sonnenwindströmung (rot). In gelb gestrichelt die heliosphärische Stromschicht.
Die heliosphärische Stromschicht

Als interplanetares Magnetfeld (engl. interplanetary magnetic field, IMF) oder Sonnenmagnetfeld (engl. |solar magnetic field) bezeichnet man das Magnetfeld der Sonne, das im Weltraum (in der Heliosphäre) außerhalb des direkten Einflusses der Planeten gemessen wird.

Form

Ohne den Einfluss des Sonnenwindes würde das Magnetfeld der ruhigen Sonne wie ein Dipolfeld mit der dritten Potenz des Abstands schwächer. In der Nähe der Erdbahn wäre eine Stärke von 10−11 Tesla zu erwarten. Tatsächlich misst man aber ca. 100-fach größere Felder von 1 bis 10 nT. Die Ursache dafür ist, dass der Sonnenwind kein einfaches Gas, sondern ein elektrisch leitendes Plasma ist. Dadurch leitet und trägt er das Magnetfeld der Sonne hinaus in den interplanetaren Raum. Durch die Sonnenrotation entsteht ein Magnetfeld in der Form einer rotierenden Spirale um den Bereich der Sonnenäquatorebene.

Abhängig von der Hemisphäre und Phase des Sonnenwinds folgt das Magnetfeld spiralförmigen Feldlinien nach innen oder außen. Die Spiralform ist auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre gleichartig, aber mit umgekehrter Feldrichtung. Das nördliche und das südliche Magnetfeld werden von einer elektrischen Stromschicht getrennt, in der ein kleiner elektrischer Strom fließt. Diese heliosphärische Stromschicht hat eine Form ähnlich einem sich drehenden Ballerinarock und wird nach dem US-amerikanischen Astrophysiker Eugene N. Parker auch „Parkerspirale“ genannt. Durch Veränderungen der Sonne ist die Parkerspirale aber nur eine Idealform. In der Praxis ist sie in ständiger Bewegung und Veränderung.

Die heliosphärische Stromschicht dreht sich mit einer Umlaufzeit von etwa 25 Tagen.[3] Somit durchquert die Erde mehrmals im Jahr die Stromschicht und befindet sich dazwischen mal im Bereich der nördlich, und mal im Bereich der südlich gerichteten Magnetfelder der Sonne.

Der relative Winkel der heliosphärischen Stromschicht zur Ekliptik ist variabel und hängt von der Sonnenaktivität ab. Je stärker die Aktivität, desto steiler und „aufgebauschter“ wird die Parkerspirale. Bei geringer Aktivität ist sie flach. Weil sich das Magnetfeld der Sonne etwa alle 11 Jahre umpolt, ändert sich auch die Wellenform der heliosphärischen Stromschicht in einem ungefähren 11-Jahres-Zyklus.

Die Untersuchung der Wechselwirkungen von Plasmen, magnetischen und elektrischen Feldern erfolgt im Rahmen der Magnetohydrodynamik. Im Rahmen der internationalen Wissenschaftsunion ist für diese Thematik die International Association of Geomagnetism and Aeronomy (IAGA) zuständig.

Wechselwirkung mit anderen Magnetfeldern

Der Sonnenwind wechselwirkt mit den Magnetfeldern der Planeten wie der Erde und dem Jupiter und begrenzt ihre Magnetosphären durch eine Schockfront. Für die äußerste Zone des Sonnensystems gibt es Hinweise auf eine ähnliche Begrenzung der Heliosphäre mit vergleichbarem Aufbau von Heliopause, Plasmaschicht (Vorlage:Lang) und Schockwelle an der Grenze zum interstellaren Raum.

Funkdienste

Für die Funkdienste im Kurzwellenbereich ist eine Funkwettervorhersage oft nützlich. Hierfür gibt es Computerprogramme, die nach Eingabe von Datum (zur Erfassung des jahreszeitlichen Gangs) und der aktuellen Sonnenaktivität (z.B. Sonnenflecken-Relativzahl) eine Prognose über die Qualität einer Kurzwellenverbindung zwischen zwei ebenfalls anzugebenden Orten liefern, oder die eine Aussage über die Kurzwellen-Abdeckung eines geografischen Gebietes treffen.

Vom Zustand der Troposphäre, ist die Kurzwellenausbreitung unabhängig. Im Ultrakurzwellenbereich und bei noch kürzeren Wellenlängen hat hingegen auch das troposphärische Wetter einen Einfluss auf das Funkwetter.

Mit der Erforschung der Einflüsse auf das Funkwetter befasst sich in Deutschland beispielsweise das Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

Quelle