Nachrichtenschule (Flensburg-Mürwik)

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Das Torgebäude (2011)

Die Nachrichtenschule in Flensburg-Mürwik in der Mürwiker Straße 203 entstand in den 1920er Jahren auf dem dort befindlichen Stützpunkt Flensburg-Mürwik. Sie war eine von mehreren in Deutschland eingerichteten Marinenachrichtenschulen. Ihre Kasernen- und Schulgebäude aus den 1930er Jahren sind heute als Kulturdenkmale Mürwiks eingetragen. Genaueres zu den Schulen, die den Gebäudekomplex später nutzten, steht in den jeweiligen Artikeln.

Geschichte

Einrichtung und Bau der Schule

Im Jahre 1920 wurden zunächst Räumlichkeiten der Torpedoschule genutzt, um die Nachrichtenschule einzurichten. Sie übernahm die Signal-, Fernschreib- und Funkausbildung für die gesamte Reichsmarine. Von 1925 bis 1934 waren beide Schulen unter dem Namen Torpedo- und Nachrichtenschule zusammengelegt.[1] Im September 1934 wurden die beiden Schulen wieder getrennt.[2] In der Zeit danach war die Nachrichtenschule auch unter dem Namen Marine-Nachrichtenschule Mürwik bekannt.[3][4]

Aktueller Schulname unter dem alten hoheitlichen Adler der in dieser Form in der Zeit des Nationalsozialismus gestaltet wurde und heute eine mahnende Funktion hat.[5] (2014)

Die Gebäude, die bis heute militärisch genutzt werden, wurden für die Schule in den 1930er Jahren in direkter Nachbarschaft zur Marineschule Mürwik errichtet. Von 1933 bis 1939 entstanden die Gebäude „Brandenburg“, „Hansa“ und „Preußen“ sowie das Fähnrichsheim (heute: Stabsgebäude) und das Schulgebäude.[6] Das Torgebäude, „Deutschland“, entstand zwischen 1937 und 1939.[7] Die Gebäudenamen erinnern an die traditionsreichen deutschen Seegeschichte der Hanse und der Marine. Die auf den Gebäuden (außer Stabsgebäude) befindliche Türme sind den Brücken von Kriegsschiffen nachempfunden und gehörten zur Ausbildung für den Flaggen-Signalbetrieb.[8] Über dem Eingangsportal, des Gebäudes „Deutschland“, wurde ein großer, steinerner Reichsadler angebracht, darüber ein Fahnenmast, an dem heutzutage die Deutschlandfahne gehisst wird.[9]

Zum sehr auffälligen Adler des Portals veröffentlichte die Bundeswehr die folgende Stellungnahme:

„Bei dem über dem Torhaus angebrachten Adlersymbol handelt es sich um ein entnazifiziertes Hoheitsabzeichen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Es ist in der aktuellen Gestaltung strafrechtlich unbedenklich. [...] Der Adler ist noch heute das Wappentier der Bundesrepublik Deutschland. [...] Zur Zeit des Nationalsozialismus verband man das Symbol des Adlers mit dem Hakenkreuz. [...] Die meisten der ab 1934 erbauten neuen Wehrmachtkasernen erhielten [...] eine künstlerische Ausgestaltung des nationalsozialistischen Hoheitszeichens. [...] Die Adlerskulptur ist ein bildhafter Überrest deutscher Militärgeschichte des 20. Jahrhunderts. Nur [...] wenige haben sich [...] erhalten. Sie sind Erinnerungszeichen an einem historischen Ort und zugleich in ihrer veränderten Gestalt an einem weiterhin militärisch genutzten Gebäude als Lesezeichen für die Stellung von Streitkräften in einer Diktatur bzw. einer Demokratie zu verstehen und somit für die historisch-politische Bildung von äußerst großem Nutzen. [...] Die Kasernenanlage in Flensburg ist zudem in die Denkmalliste des Landes Schleswig-Holstein eingetragen. Somit ist einer [...] Reversibilität ein Riegel vorgeschoben.“[10]

Eine aufgestellte Tafel beim Portal erläutert heute die besagten Zusammenhänge ebenfalls.

Die Schule zum Ende des Zweiten Weltkrieges

Bei den Luftangriffen auf Flensburg wurden die Gebäude der Nachrichtenschule nicht getroffen. Beim Luftangriff vom 2./3. Mai 1945 auf die Schule, starben bei der Endhaltestelle der damaligen Straßenbahnlinie 3 vor dem großen Kasernentor durch vier abgeworfene Sprengbomben eine Luftwaffenhelferin und sechs Soldaten.[11] Der Gebäudekomplex lag in den letzten Kriegstagen im Sonderbereich Mürwik. Die Kommunikationsanlagen der Nachrichtenschule dienten der letzten Reichsregierung unter Karl Dönitz als Befehlsübermittlungsstand. Die Reichsregierung wurde am 23. Mai 1945 verhaftet.[12]

Renovierungsarbeiten am Gebäudekomplex im Jahr 2015 die bis 2020 anhalten sollen.[13]

Nutzung nach dem Krieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten die Gebäude der Mürwiker Straße 203 britischen sowie norwegischen Soldaten als Kaserne.[14] Des Weiteren wurde sie zur Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen genutzt.[15] Am 27. Oktober 1945 wurde auf Befehl der britische Besatzungsmacht die Provincial Training School Schleswig-Holstein (Polizeischule der Provinz Schleswig-Holstein) in der Nachrichtenschule eingerichtet. Im März 1946 wurde diese Schule in die ehemalige Marine-Ausbildungskaserne in Eckernförde-Carlshöhe verlegt und dort in „Landespolizeisschule Schleswig-Holstein“ umbenannt. Die besagte Schule verblieb dort bis sie im Juli 1950 nach Kiel verlegt wurde. Anschließend zog sie nach Eutin um, befand sich über längere Zeit im dort nahegelegen Malente und zur Zeit wieder in Eutin selbst.[16][17][18] Ab 1952 nutzte der Bundesgrenzschutz die Gebäude der Nachrichtenschule.[19] Die letzten norwegischen Soldaten verließen Flensburg am 29. April 1953 auf dem Schiff „Svalbard“.[20]

1956 wurden die Gebäudeeinheiten schließlich von der neu eingerichteten Marinefernmeldeschule übernommen. Hinzu kamen noch einige weitere Marineeinheten. In den 1970er Jahren wurden auf dem Gelände zusätzliche Unterkunftsgebäude errichtet.[21] Die Marinefernmeldeschule existierte bis 2002. Im anschließenden Jahr bezog die neu aufgestellte Schule für Strategische Aufklärung der Bundeswehr das Areal.

Weblinks

Commons: Nachrichtenschule Flensburg-Mürwik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Chronik der Kaserne PDF;334 kB
  2. Joachim Beckh: Blitz & Anker, Band 1: Informationstechnik - Geschichte und Hintergründe. Book on Demand 2005, Seite 420
  3. Vgl. Flensburger Tageblatt: 1284 bis 2009: Die Stadtchronik, vom: 1. Januar 2009
  4. Joachim Beckh: Blitz & Anker, Band 1: Informationstechnik - Geschichte und Hintergründe. Book on Demand 2005, Seite 421
  5. Vgl. Adlerplastik, abgerufen am: 15. April 2015
  6. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2, Flensburg, S. 544
  7. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2, Flensburg, Seite 544
  8. Chronik der Kaserne PDF;334 kB
  9. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2, Flensburg, Seite 544
  10. Vgl. Adlerplastik
  11. Broder Schwensen, Dieter Nickel: Flensburg im Luftkrieg 1939–1945. Flensburg 2009, S. 163
  12. Chronik der Kaserne PDF;334 kB
  13. Flensburger Tageblatt: Standort Flensburg/Glücksburg: 60 Millionen Euro für die Aufklärer, vom: 22. April 2015
  14. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2, Flensburg, Seite 544
  15. Chronik der Kaserne PDF;334 kB
  16. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag / sh:z: Treffen der letzten "Carlshöhe-Polizisten", vom: 11. April 2011; abgerufen am: 14. August 2016
  17. sh:z: 90 Flüchtlinge in der Landespolizeischule, vom: 14. Juli 2015; abgerufen am: 14. August 2016
  18. sh:z: Polizeischule Eutin: Breyer: Verdacht wegen falscher Verdächtigung ist vom Tisch, vom: 10. August 2016; abgerufen am: 14. August 2016
  19. Chronik der Kaserne PDF;334 kB
  20. Schriften der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte (Hrsg.): Flensburg in Geschichte und Gegenwart. Flensburg 1972, Seite 411
  21. Chronik der Kaserne PDF;334 kB

Quellen