Zahlensender

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Zahlensender sind Kurzwellen-Radiosender, die Zahlen- oder Buchstabenreihen, polyphone Töne und mitunter auch Daten im erweiterten Sinne übertragen. Oftmals handelt es sich dabei um Fünfergruppen von Ziffern, die bei manchen Sendern wiederholt werden, ehe die nächste Fünfergruppe übermittelt wird. Bis in die 1980er Jahre hinein wurden diese oft von einer Person im Studio vorgelesen, aber auch schon, wie heute üblich, von computergenerierten bzw. gesampelten oder vom Band gespielten Stimmen. Es handelt sich dabei meist um Frauenstimmen, seltener um Männerstimmen, ferner um Kinder- oder androgyne Stimmen. Die Stationen senden sowohl in Amplitudenmodulation (AM), ebenso in Einseitenbandmodulation (SSB), da die Übertragungen dann von den verbreiteten Weltempfängern einfacher Bauart nicht mehr wiedergegeben werden können. Einige Sender senden seit Jahrzehnten und über einen längeren Zeitraum hinweg auf gleichen Frequenzen und mit einem regelmäßigen Sendeplan.

Ursprung und Zweck der meisten dieser Ausstrahlungen sind nicht öffentlich bekannt. Zahlensender werden mit großer Wahrscheinlichkeit von Geheimdiensten zur Kommunikation mit verdeckt operierenden Agenten verwendet. Auch Militär und Diplomatendienste sowie Botschaften und Konsulate verfügen mitunter über Empfangseinrichtungen, die geeignet sind, Nachrichten von Zahlensendern zu empfangen. Zahlensender sind deshalb besonders geeignet, da chiffrierte Nachrichten über Kurzwelle weltweit gehört werden können. Die Empfänger der Nachrichten brauchen nur ein Radio (etwa einen hochwertigen Weltempfänger), das sich für den Empfang der Kurzwelle im den entsprechenden Frequenzbereichen eignet und Einseitenbandmodulation (SSB) empfangen kann. Der Empfang bleibt dabei, im Gegensatz zu Emails, meist unentdeckt.

Chiffrierte Nachrichten aus gesprochenen Ziffergruppen werden mitunter per One-Time-Pads (de)chiffriert.[1] [2]

Zweck

Wie in den Aufzeichnungen von The Conet Project[3] festgehalten ist, gab es die ersten Berichte über Zahlensender bereits im Ersten Weltkrieg. Damit gehören sie zu den ersten Radioübertragungen überhaupt.

Nach einem unbestätigten Bericht des Time Magazine aus den 1960er Jahren sollen die Zahlensender in ihrer heutigen Form (fünstellige Codes) nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert worden sein. Ziel sei es gewesen, so der Bericht weiter, die Unterscheidung zwischen regulären Wettercodes, die ebenfalls fünfstellig gehalten sind, zunächst zu erschweren.

Zahlensender werden vom Militär und diplomatischen Diensten genutzt. Viele Antennenfelder, über die Zahlensendungen ausgestrahlt werden, liegen in militärischen Liegenschaften. Des Weiteren findet man auf vielen Botschaftsgebäuden ungewöhnlich potente Antennenanlagen.[4] All dies legt nahe, dass manche Staaten auf diese einfache und effiziente, wenn auch kostenintensive, Art und Weise global in Kontakt mit ihrem Personal bleiben können, ohne Gefahr zu laufen, ungewollt Informationen preiszugeben.

Inzwischen gilt aber als gesichert, dass die Zahlensender tatsächlich in der Mehrheit der Versorgung von Spionen und Agenten "im Feld" mit Befehlen, Aufträgen usw. dienen.[5] Nur ein vergleichsweise geringer Teil lässt sich tatsächlich diplomatischen Anwendungen zuordnen. Unter den Gesichtspunkten der bisher durch Edward Snowden veröffentlichten Dokumente zu den Spionagetätigkeiten von NSA und GCHQ wird aber ersichtlich, dass es keine klaren Grenzen dazwischen gibt.

Robert Wallace und H. Keith Melton belegen auf Seite 438 in ihrem Buch Spycraft, dass Zahlensender tatsächlich für Spionage- und Agententätigkeiten bzw. deren Koordination genutzt werden[6]:

The one-way voice link (OWVL) described a covert communications system that transmitted messages to an agent's unmodified shortwave radio using the high-frequency shortwave bands between 3 and 30 MHz at a predetermined time, date, and frequency contained in their communications plan. The transmissions were contained in a series of repeated random number sequences and could only be deciphered using the agent's one-time pad. If proper tradecraft was practiced and instructions were precisely followed, an OWVL transmission was considered unbreakable. [...] As long as the agent's cover could justify possessing a shortwave radio and he was not under technical surveillance, high-frequency OWVL was a secure and preferred system for the CIA during the Cold War.
Der einseitige Sprechfunkdienst (freie Übersetzung) wird als ein System beschrieben, mit dem Nachrichten an einen Agenten geschickt wurden, die dieser mit einem handelsüblichen Kurzwellenempfänger empfangen konnte. Dazu wurden die Kurzwellenfrequenzen zwischen 3 und 30 MHz genutzt. Die Sendungen fanden zu vordefinierten Zeiten und Tagen auf bestimmten Frequenzen statt, die in einem Sendeplan festgelegt waren. Die Sendungen selbst bestanden aus augenscheinlich zufälligen Zahlenreihen, die vom Empfänger nur mit Hilfe eines sogenannten One-Time-Pads entschlüsselt werden konnten, dass nur er und der Aufgeber besaßen. Sofern alle notwendigen Sicherheitsvorschriften beachtet wurden war dieser Code unknackbar. [...]Solange der Agent unentdeckt blieb und nicht technisch überwacht wurde war der einseitige Sprechfunkdienst (freie Übersetzung) ein sicheres und bewährtes System für die CIA während des kalten Krieges.

Zwischenzeitlich kamen aber auch Gerüchte auf, die Zahlensender würde von (Drogen-) Schmugglern genutzt. Dagegen spricht jedoch der notwendige technische Aufwand, der für ein solches Netz betrieben werden müsste: Ortsfeste Sendeanlagen großer Leistung wären sehr schnell durch Fahndungseinheiten ausgehoben und damit stillgelegt. Auch der kryptologische Aufwand ist für die zumeist aus dem Untergrund agierenden Schmuggler nur unter schwierigsten Bedingungen umsetzbar. Daher kann diese Theorie als durchaus abwegig bezeichnet werden.

Es wurde unter anderem berichtet, dass die USA Zahlensender nutzten, um mit nicht näher bezeichneten Personenkreisen in anderen Ländern zu kommunizieren[7] Es gibt zudem Gerüchte, nach denen das State Department ebenfalls Zahlensender betrieben haben soll (Stationen mit den Rufzeichen KKN50 und KKN44, die inzwischen dem diplomatischen Dienst der USA zugordnet werden), um codierte Nachrichten an Empfänger im Ausland abzusetzen.[8][9]

Es handelt sich dabei um eine verhältnismäßig sichere Methode, Spione mit Befehlen und Informationen zu versorgen. Als Beweis bezieht man sich auf die Beobachtung, dass Zahlensender bei besonderen politischen Ereignissen kurzfristig ihr Verhalten ändern oder ungeplante Übertragungen starten, wie zum Beispiel beim Augustputsch in Moskau 1991.

Schon ein schwaches Radiosignal auf Kurzwelle kann bei günstigen Bedingungen weltweit empfangen werden, vorausgesetzt, man verwendet einen extrem guten Empfänger und eine perfekt ausgerichtete Antenne. Lokale Einflüsse wie Wetter, Jahreszeit oder Sonnenflecken können den Empfang negativ beeinflussen. Da Spione jedoch meist mit tragbaren Empfängern arbeiten müssen, oft unter schwierigen Verhältnissen und zu allen Jahreszeiten, benötigt man sehr große Sender, teilweise mit über 100.000 Watt Leistung.

Der Betrieb eines Zahlensenders wurde z.B. von einem Mitarbeiter des Ministeriums für Handel und Industrie in Großbritannien bestätigt.[10]

Zahlensender bekommen von ihren Beobachtern meist Spitznamen, die meist von besonderen Eigenheiten abgeleitet werden. Hierzu gehört z. B. der „Lincolnshire Poacher“, einer der bekanntesten Zahlensender (man vermutet den britischen Geheimdienst MI6 dahinter, da man den Ursprung der Übertragungen auf die Royal Air Force-Basis Akrotiri auf der Insel Zypern mittels Triangulationspeilung zurückverfolgt hat), der als Erkennungsmelodie zwei Zeilen aus dem alten englischen Volkslied „The Lincolnshire Poacher“ vor der eigentlichen Nachricht sendet. „Magnetic Fields“ spielt das gleichnamige Lied des französischen Musikers Jean Michel Jarre vor und nach jedem Satz Nummern. Der Zahlensender „¡Atención!“ beginnt jede Übertragung mit der spanischen Phrase „¡Atención!“.

Die Gruppe ENIGMA2000, ein zusammenschluss von Hobby-Zahlensenderhörern aus aller Welt, hat alle bekannten Zahlensender kategorisiert und nummeriert. Mehr dazu siehe Abschnitt 8.

Es wird viel Feingefühls, technisches Wissens über die Kurzwelle, Geduld und ein gutes Gehör benötigt, um die Herkunft eines Zahlensenders bestimmen zu können, ohne die Möglichkeit zu haben, mit einem Peilgerät auf Reisen zu gehen.

Zum Beispiel vermutete man den Sender „¡Atención!“ in Kuba, als Radio Havanna versehentlich auf der Frequenz des Zahlensenders übertragen hat. Öfter hörte man auch leise „Radio Havanna“ im Hintergrund laufender Zahlenübertragungen. 2001 wurde „¡Atención!“ von den USA offiziell als kubanisch identifiziert.

Bei manchen Stationen hört man auch andere Geräusche im Hintergrund, die darauf schließen lassen, dass die Zahlenreihen oft genug noch über Mikrophon durch einen Sprecher übertragen werden.

Sendestandorte

Da Zahlensender noch nie offiziell bestätigt wurden und somit die Urheber nicht bewiesen sind, haben Kurzwellenhörer auf der ganzen Welt Versuche unternommen, die Senderstandorte herauszufinden.

Verschiedene Artikel im Fachmagazin Popular Communications aus dem späten 1980er und frühen 1990er Jahren berichten über Peilversuche von Amateurfunkern und Kurzwellenhörern in verschiedenen Teilen der Welt. So konnten zwei Stationen auf amerikanischem Boden nachgewiesen werden - in Florida und in der Nähe von Warrenton, Virginia.[11] Später konnte eine Antennenanlage innerhalb einer Kaserne, dem Warrenton Training Center, als tatsächlich Urheber ausgemacht werden. Es wurde spekuliert, dass die Sendungen zwar dort ausgestrahlt aber nicht aufbereitet wurden. Dies soll, so einige der "Jäger" über eine Speiseleitung aus Washington D.C. geschehen. Die amerikanische Fernmeldebehöre FCC hat bisher jeglichen Kommentar zu Zahlensendungen und mögliche in Frage kommende Sendestellen auf amerikanischem Boden verweigert.

Auf der Grundlage eines Dossiers des polnischen Innenministeriums über den Kalten Krieg konnten die Sender DCF37 (einstmals täglich auf 3370 kHz zu hören) und DFD21 (bis in die 1990er Jahre täglich aktiv auf 4010 kHz) als Westdeutsche Zahlensender bestätigt werden. Sie waren dem Dossier zufolge bereits seit den 1950er Jahr auf Sendung.[12]


Der ¡Atención!-Zwischenfall

Kubas „¡Atención!“ war der erste Zahlensender, welcher als solcher offiziell und öffentlich bestätigt wurde, Nachrichten an Spione in den USA zu übertragen. Er war ausschlaggebend, die kubanischen Spione „Miami Five“ vor dem US-Bundesgerichtshof 1998 zu verurteilen. Man argumentierte damit, dass die Spione mit Sony-Kurzwellenempfängern die Nachrichten empfangen haben und die Zahlen in Laptops eingaben, um sie zu dechiffrieren. Das FBI bestätigte, 1995 in das Apartment eines vermuteten kubanischen Spions eingedrungen zu sein und das dazu benötigte Programm samt der nichtgelöschten OTP-Schlüssel kopiert zu haben. Mit diesem konnten sie Nachrichten von „¡Atención!“ dechiffrieren, wie sie vor Gericht ausgesagt haben.

Es wurden drei Beispiele dechiffrierter „¡Atención!“-Nachrichten gezeigt:

  • “prioritize and continue to strengthen friendship with Joe and Dennis” [68 Zeichen] („Priorisiert und intensiviert weiterhin die Freundschaft mit Joe und Dennis“)
  • “Under no circumstances should [agents] German nor Castor fly with BTTR or another organization on days 24, 25, 26, and 27.” [112 Zeichen] („Unter keinen Umständen sollten [die Agenten] German oder Castor mit BTTR oder einer anderen Organisation an einem der Tage 24, 25, 26 oder 27 fliegen.“) (BTTR ist die Anti-Castro-Gruppierung Brothers to the Rescue)
  • “Congratulate all the female comrades for International Day of the Woman.” [71 Zeichen] („Gratuliert allen Genossinnen zum internationalen Frauentag.“)

Jede Zahl stand für einen Buchstaben bei einer Geschwindigkeit von einer Zahl/Sekunde, was pro Übertragung eine gute Minute ausmacht.

Formate

Zahlensender übertragen je nach Station in einem unterschiedlichen Format.

Die Präambel, welche meist ausschlaggebend für den Spitznamen der Station ist, beinhaltet eine Art Identifizierung, entweder für sich selbst oder für den Empfänger. Das können Zahlen sein, phonetisches Alphabet, Codenamen (z.B. „Charlie India Oscar“, „250 250 250“), charakteristische Phrasen (z.B. „¡Atención!“, „1234567890“) oder ein Musikstück, beziehungsweise eine Melodie (z.B. „The Lincolnshire Poacher“, „Magnetic Fields“). Manchmal, wie im Falle der israelischen „Phonetic Alphabet Stations“, wird im Vorspann ein Betreff oder der Grad der Wichtigkeit der Nachricht angedeutet (als Phantasiebeispiel: „Charlie India Oscar-2“ bedeutet, dass keine neuen Nachrichten vorliegen). Meist werden solche Vorspänne einige Zeit wiederholt, bevor die eigentliche Nachricht folgt.

Für gewöhnlich wird die Anzahl der Zeichengruppen bekanntgegeben. Meist bestehen diese Gruppen aus Fünferketten (phonetisch ausgesprochen), die oft wiederholt werden; entweder unmittelbar nach der jeweiligen Gruppe oder insgesamt nach dem Ende der gesamten Nachricht.

Einige Stationen senden mehr als eine Mitteilung pro Übertragung. In diesem Fall wird der gesamte Prozess so oft wiederholt, bis alle Mitteilungen übertragen wurden.

Am Ende jeder Übertragung meldet sich die Station auf eine charakteristische Art und Weise ab. Gewöhnlich wird eine Variation des Wortes „Ende“ gewählt, in welcher Sprache auch immer übertragen wurde (z. B. „End of message, End of transmission“, „Ende“, „fini“, „final“, „konec“). Manche Stationen, speziell jene aus der früheren Sowjetunion, enden mit einer Kette Nullen, z.B. „000 000“; andere enden mit Musik und wieder andere mit mehr oder weniger melodiösen Tönen.

Übertragungstechnik

Als Übertragungsweg wird nach wie vor die Kurzwelle verwendet, bei einer Übertragungsstärke von 10–100 kW.

Amplitudenmodulierte Sender mit variablen Frequenzen der Klasse C sind die Arbeitstiere in der Welt der Kurzwellenübertragung, also auch der Zahlensender. Spektralanalysen zeigten auch, dass Zahlensender versteckt Data-bursts, RTTY-modulierte Informationsträger und andere, unübliche Übertragungsmittel wie polyphone Töne verwenden.[13] Während des Kalten Krieges wurden als Beispiel per RTTY in kommerziellen US-Radiosendern Nachrichten verschickt.[14] Da vermehrt über eine zweite Ebene in den gesprochenen Nachrichten berichtet wird (RTTY, Data-burst, usw.), vermutet man, dass man mit einer Übertragung parallel mehrere Empfänger, vielleicht sogar mehrere Operationen mit Informationen versorgt.[15]

Sprach-Morse-Generator

Für Spione „hinter feindlichen Linien“ sind die gesprochenen Übertragungen die nach wie vor am besten geeigneten, da es einfacher und unauffälliger ist, ein Kurzwellenradio mit sich zu führen, als hochtechnische Ausrüstung zur Auswertung gesendeter Datenpakete. Botschaften, Flugzeuge und Schiffe haben bekanntlich sehr komplexe und effiziente Ausrüstungen, um solche Datenpakete aus der Heimat empfangen und auswerten zu können. In diesen Paketen können sich aus der technischen Möglichkeit heraus Fotos, Dokumente und andere komplexe Berichte befinden (siehe Wetterfax). Bekannt ist, dass bereits Ende der 1970er in modifizierten Sony Empfängern mit LC-Anzeigen die empfangenen digital gesendeten Nachrichten angezeigt wurden.

In aller Regel ist es heute gängige Praxis, dass digitale Sprecher die Zahlenreihen "vorlesen". Erste synthetische bzw. gesampelte Sprecherinnen bzw. Sprecher wurden erstmals Ende der 1970er Jahre geloggt. In den 1980er Jahren stellten dann fast alle Zahlensenderbetreiber auf digitale Sprecher um. Heute sind keine live eingesprochenen Zahlen mehr aktiv.

Die sowjetischen Superzahlensender

Während des Kalten Krieges gab es mehrere Hinweise, dass die UdSSR 500-kW-Sendeanlagen östlich des Urals verwendete, um Agenten in Westeuropa, Nordafrika und womöglich in Nordamerika zu erreichen. Viele Funkamateure haben durch Peilung in besagten Erdteilen vermutete sowjetische Zahlensender in den Osten des Uralgebirges zurückverfolgen können. In Teilen der technischen Literatur der UdSSR wird darauf verwiesen, dass sowjetische Funktechniker gegen Ende der 1960er Jahre auf dem Gebiet der HRS-8/8/1-Direkthochfrequenzantennen Pionierarbeit geleistet haben. So ist es denkbar, dass die Senderstärken in den 1980er Jahren niedriger lagen (um die 100 kW). Ein definitiver Beweis ist nicht möglich, da exakte Antennendaten nicht bekannt sind.

Interferenzen mit regulären Sendungen

Der nordkoreanische Propagandasender Voice of Korea begann 2006 auf einer Frequenz des Lincolnshire Poachers zu senden; auf 11545 kHz.[16] Da der Lincolnshire Poacher für gewöhnlich parallel auf drei verschiedenen Frequenzen sendet, kann man nicht von einem ernsthaften Störversuch sprechen. Das vermutete Zielgebiet dieses Zahlensenders ist der Mittlere Osten, nicht der Ferne Osten. Dieser wurde angeblich von der Schwesterstation des Lincolnshire Poachers versorgt, die den Spitznamen "Cherry Picker" oder "Cherry Ripe" trägt.

Am 27. September 2006 wurde eine Amateursendung im 30-Meter-Band durch den Zahlensender E07 „Russian Man“ um 17:40 UTC gestört.[17]

Ein Zahlensender des westdeutschen BND mit der Kennung „Hotel Kilo“[18] sendete auf 9450 kHz und kollidierte damit mit Radio Moskau.[19]

Der Kurzwellensender Radio Africa, welcher als Independent Voice of Zimbabwe aus Meyerton in Südafrika auf 4880 kHz sendet, konkurrierte mit der Mossad-Station E10 „ULX“.[20]

Der religiöse Sender WYFR mit Heimat in Okeechobee, Florida sendete zeitgleich mit dem kubanischen Zahlensender „V02“ auf der Frequenz 6855 kHz. Dies passiert öfter, daher ist diese Aufzeichnung kein Einzelfall.[21]

Radio Ukraine International benutzt die Frequenz 9950 kHz im 31-Meter-Band. Am 22. November 2007 um 16:10 UTC konnte man hier den starken russischen Zahlensender S06 hören, mit einem „call up“ für „425“.[22]

Am 1. September 2009 wurde Radio Ukraine International erneut massiv auf 9950 kHz durch den Zahlensender S06 gestört. Der Zahlensender war zeitweise stärker als der Radiosender auf seiner offiziellen Frequenz.

Störversuche

Zahlensender waren und sind oft das Ziel von Störsendern.

Beispiele von Störsendern:

  • E10 YHF wurde von der mysteriösen „Chinese Music Station“ gestört.[23] Dieser Störsender wird auch Chinese Firedrake Jammer genannt und im Golf von Tonkin auf Hainan vermutet, einem Teil der Volksrepublik China.[24]
  • E05 "Cynthia" war ebenfalls Ziel dieses Störsenders.[26]

Klassifikation

Mitschrift einer Zahlensendung aus dem privaten Archiv von tiNG. Mitschrift vom 21.3.1986, 0900 utc, QRG: 6453,0 kHz, G08 (MfS-Stasi)[27]

siehe auch Liste der Zahlensender

Neben den vielen Spitznamen der Zahlensender-Jäger hat die Beobachtungsgruppe ENIGMA 2000 eine eigene Klassifikationstabelle geschaffen, um die einzelnen Zahlensender und ihre Gruppen (Familien) besser zusammenfassen und beobachten zu können. Aufgeschlüsselt bestehen diese Kennzeichnungen aus einem Buchstaben, der auf die Sprache oder Art der gesendeten Nachrichten verweist sowie eine Ordnungsnummer:

  • E bedeutet, die Station sendet in englischer Sprache.
  • G bedeutet, die Station sendet in deutscher Sprache.
  • S bedeutet, die Station sendet in einer slawischen Sprache.
  • V bedeutet, die Station sendet in einer anderen Sprache (meist Spanisch oder Arabisch).
  • M bedeutet, die Station sendet Morsecode.
  • X bedeutet, die Station sendet etwas völlig anderes, z. B. polyphone Töne oder unidentifizierbare Geräusche und Tonfolgen.
  • T bedeutet, die Station sendet in einer bislang unbekannten Sprache

Beispiele: E3 oder E03 ist der Lincolnshire Poacher, V02 ist der kubanische ¡Atención!, G12 war der vermutlich österreichische Zahlensender NNN. Die „neueste“ Station ist der unidentifizierte Sender E23, welcher Ende 2006 und Anfang 2007 zu empfangen war.

Manche Stationen werden auch nachträglich als kein Zahlensender identifiziert. So geschehen bei E22, welcher zu jeder vollen Stunde alle vier Minuten „This is Mike Hotel 8“ übertragen hat. Wie sich herausstellte, handelt es sich hierbei um eine Testübertragung von All India Radio.

Neufassung

Die Klassifizierung durch die ENIGMA- / ENIGMA2000-Gruppe ist bereits sehr präzise. Aber es gibt eine logische Fehler in diesem System. So ist beispielsweie nicht definiert, welche "Variation" eine Ergäzung um einen bestimmten Buchstaben notwendig macht. Stellvertretend sei hier E11 erwähnt:

Bei einer Null-Message wird die Station als E11 bezeichnet
Wird eine Nachricht übermittelt ist die Station als E11a zu kennzeichnen

Im Gegensatz dazu liegt der Unterschied zwischen S11 und S11a bereits in einer sprachlichen Änderung (Cherta (S11a) statt Presta (S11)).

Außerdem lässt das aktuelle Nomenklatur-System nur Deutsch (G), Englisch (E) und Slawisch (S) als direkte Sprachidentivikation zu. Spanisch, Französisch oder Chinesisch werden unter V zusammengefasst. Es kann also weder nach einer der drei genannten Sprachen noch nach Koreanisch, Portugiesisch oder Italienisch und anderen Sprachen klassifiziert werden.

Die Problemstellung ist, dass die Führung von E2K nicht bereit ist, das eigene System zu überdenken. Eine Konkurrenz gestaltet sich also schwierig, zumal damit zukünftig möglichen Kooperationen das Wasser vorzeitig abgegraben wird.

Es bedarf also einigen Diskussionen, zunächst innerhalb des Forums, als auch später möglicherweise mit der ENIGMA2000-Gruppe, ob es zu einer Überarbeitung der Nomenklatur kommt und wie diese aussehen könnte.

Zahlensender in der Populärkultur

Musik

1997 veröffentlichte das englische Label Irdial-Discs das 4CD-Set The Conet Project: Recordings of Shortwave Numbers Stations, welche man sich heute legal herunterladen kann.[28]

65daysofstatic, Boards of Canada, Porcupine Tree, Stereolab ("Transient Random-Noise Bursts With Announcement - Pause"), Wilco und Chroma Key („Even The Waves“ – Stimme entspricht Sender „Swedish Rhapsody“) verwendeten in einzelnen Songs Samples von Zahlensenderaufnahmen.

Der österreichische Noisekünstler Subcarrier veröffentlichte 2007 eine freie Download-EP basierend auf Zahlensendermitschnitten.[29]

Die Gruppe Boards of Canada waren streckenweise stark von Zahlensendern beeinflusst. Kraftwerk veröffentlichte den Song „Numbers“ und Boards of Canada das Stück „Gyroscope“, in welchem man eine verzerrte Aufnahme von E05 hören kann.

Der kanadische Künstler Derek R. Audette veröffentlichte das Instrumentalstück Numbers Station, in welchem man authentische Aufnahmen von Zahlensendern hört.[30]

Die schwedische Band Covenant verwendete während ihrer Tour United States of Mind im Jahre 2000 verschiedene Samples von Zahlensendern. Man kann diese auf dem Live-Album Synergy hören.

Film und Fernsehen

Im deutschen Film „Der Westen leuchtet!“ sieht man den Agenten Harald Liebe, wie er Instruktionen vom Zahlensender des BND, G16 ("Lima Golf"), empfängt und diese mit einem One-Time-Pad decodiert.[31]

Cameron Crowe verwendete mehrerer solcher Aufnahmen in seinem Film Vanilla Sky, um eine Aura der Verwirrung zu schaffen.

Die Zahlen 4, 8, 15, 16, 23 und 42 werden vom Zahlensender der Insel in der Fernsehserie Lost gesendet.

Im Buch sowie im Film „Der längste Tag“ hören Mitglieder der Résistance BBC London, welcher scheinbar sinnlose Sätze wie „Ich mag siamesische Katzen“ oder „John hat einen langen Schnurrbart“ überträgt, welche codierte Nachrichten zu D-Day sind.

Im 1991 gedrehten amerikanischen Actionfilm „Boy Soldiers“ sieht man gleich in drei Szenen das Abhören eines spanisch-mexikanischen Zahlensenders von einem Drogenschmuggler und Terroristen, der sich in einer Schule verschanzt hat.

In einer Folge der Fernsehserie Fringe (Staffel 3, Episode 6 "6955 kHz") geht es um Zahlensender. Ein mysteriöses Signal, welches parallel zu den Zahlen mitgesendet wird, löscht die Gedächtnisse der Zuhörer.

Der Film "Numbers Station" mit John Cusack von 2013 spielt in einer Station der CIA auf der britischen Insel von der aus per Zahlencode Aufträge an Agenten übertragen werden. In der amerikanisch-englischen Originalfassung ist hier die Stimme von E05 (Cynthia) zu hören, die in der deutschen Synchronisation komplett verlorengegangen ist.

Spiele

Im Ego-Shooter Call of Duty: Black Ops spielt ein Zahlensender eine Hauptrolle in der Handlung und der Protagonist des Spiels muss diesen schlussendlich finden.

Im Action-Rollenspiel Fallout 3 können an verschiedenen Stellen der Karte Übertragungen von Morsecodes im Radio empfangen werden, deren Ursprung unterirdische Bunker sind.

Siehe auch

Literatur

  • Claudia Heissenberg: „Achtung: Fünnef, zwo, null, null, Trennung…“ Geheimdienste auf Sendung. Feature. Deutschlandfunk, 16. September 2003. Online-Version (Link auf der Seite ganz oben führt zur Audio-Version.)
  • Patrick Woods auf netzwelt.de: Agentenfunk - James Bond liegt in der Luft. 2. September 2007.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Original Entschlüsselungsanleitung eines deutschen Nachrichtendienstes“
  2. „Original Anleitung deutscher und amerikanischer Nachrichtendienste“
  3. The Shortwave And the Calling: For Akin Fernandez, Cryptic Messages Became Music To His Ears. In: The Washington Post. 3. August 2004.
  4. „Photos of Soviet Embassy Antenna Farms“
  5. Wagner, Thomas (2004). "Chapter 6 "So here she was with a pillow over her head and over the radio..."". If It Had Not Been for Fifteen Minutes... a true account of espionage and hair-raising adventure.
  6. Wallace, Robert; Melton, H. Keit (2008). Spycraft: The Secret History of the CIA's Spytechs, from Communism to al-Qaeda.
  7. Sokol, Brett (February 8, 2001). "Espionage Is in the Air". Miami New Times. Archived from the original on 2001-02-21
  8. Helms, Harry L. (1981). "Government and Military Communications". How to Tune the Secret Shortwave Spectrum. Blue Ridge Summit, PA: TAB Books Inc. p. 58. ISBN 0830611851
  9. Schimmel, Donald W. (1994). The Underground Frequency Guide: A Directory of Unusual, Illegal, and Covert Radio Communications (3 ed.). Solana Beach, California: High Text Publications, Inc. pp. 88–95. ISBN 1-878707-17-5.
  10. http://www.salon.com/people/feature/1999/09/16/numbers/print.html
  11. (Smolinski reported by Mays, 2005) (now a password-protected URL, but retained as archive record)
  12. Bury, Jan (October 2007). "From the Archives: The U.S. and West German Agent Radio Ciphers". Cryptologia 31 (4): 343–357. doi:10.1080/01611190701578104. ISSN 0161-1194.
  13. Donald W. Schimmel: The Underground Frequency Guide: A Directory of Unusual, Illegal, and Covert Radio Communications. (3rd ed.) [Solana Beach, CA: High Text Publications, Inc., 1994], pp. 27–28.
  14. Barry W. Collins, W4TLV: The day the U.S. Army invaded W4TLV. QST, pp. 48–49 (Juli 1997)
  15. Fifteenth edition of the N&O column / Spooks newsletter: Voice stations: Hans-Friedrich's monthly G04 analysis.
  16. The Voice of Korea in early 06 changed one of its frequencies to 11545 kHz
  17. E7 Russian man interferes with legitimate radio amateur Morse transmissions on 10116 kHz
  18. [1] (Windows Media Audio, 169 kB)
  19. [2] (Windows Media Audio, 165 kB)
  20. [3] (Windows Media Video, 4,4 MB)
  21. [4] (Windows Media Video, 5,1 MB)
  22. [5] (Windows Media Video, 47,5 MB)
  23. [6] (Windows Media Audio, 362 kB)
  24. PDF bei www.iarums-r1.org
  25. [7] (Windows Media Audio, 307 kB)
  26. [8] (Windows Media Audio, 453 kB)
  27. Klangbeispiel G08
  28. [9]
  29. [10]
  30. This track also features strange, sampled female voice loops captured from 'spy/espionage' numbers station shortwave radio broadcasts
  31. Movie "Der Westen leuchtet" (Germany, 1981/82) broadcasted (again) in the German TV channel ZDF at 10 November 2005 0000-0145 UTC (Archive)

Quellen