Sandbox:G03
Achtung! Dieser Artikel befindet sich derzeit noch in der fachlichen Überarbeitung bzw. im Lektorat!
Der Sender G03 war ein Zahlensender, der auch unter dem Spitznamen Gong Station bzw. Chimes Station bekannt wurde. Er wurde durch das Ministerium für Nationale Verteidigung betrieben. Die Hauptaufgabe des Militärgeheimdienstes der DDR war die "Verhinderung der Überraschung durch den Gegner".[1] Dazu hatte der Militärgeheimdienst viele Agenten ins Umfeld und in die Bundeswehr eingeschleust.
G03 ist einer der bekanntesten Zahlensender überhaupt und war knapp 20 Jahre auf der Kurzwelle aktiv.
Eckdaten
Klassifizierung
Der Sender G03 ist durch die E2K-Gruppe aufgrund der Sprache (G = German) klassifiziert und wird der sog. Family XVII zugeordnet.
Betreiber
Betrieben wurde der Sender durch den Militärnachrichtendienst der Nationalen Volksarmee der DDR. Dieser Nachrichtendienst unterstand dem Stellvertreter des Ministers und Chef des Hauptstabes des Ministeriums für Nationale Verteidigung (MfNV). Die Truppenaufklärung war im MfNV unter der Bezeichnung "Verwaltung Aufklärung" personell und organisatorisch vom militärischen Nachrichtendienst der NVA bis zum Jahre 1964 getrennt. Bis dahin gab es einen Chef Aufklärung im Hauptstab des MfNV und einen Chef der 12. Verwaltung. Die 12. Verwaltung und die Verwaltung Aufklärung wurden am 1. September 1964 zusammengefasst. Der Chef der neuen Verwaltung Aufklärung war von nun an in Personalunion Chef Aufklärung des Ministeriums für Nationale Verteidigung.[2]
Sie gliederte sich im Jahre 1988 in die vier Organisationselemente "Stab", "Agenturische Aufklärung", "Strategische Aufklärung" und "Operativ-Taktische Aufklärung". Dabei war das Organisationselement "Agenturische Aufklärung" verantwortlich für die Führung der Agenten und zeichnete daher für den Betrieb von G03 verantwortlich.
Senderstandorte
Zwar gibt es keine absolut genauen Daten zum Senderstandort, doch aus verschiedenen Quellen heraus[3][4][5] kann nun mit relativer Sicherheit festgestellt werden, dass der Senderstandort in Senftenhütte (Gemeinde Chorin)[6], etwa 20 Kilometer südwestlich von Angermünde, war.
Der Standort war eine der beiden Stellen des Funkamtes der NVA, im internen Sprachgebrauch der NVA auch Agenturisches Funkzentrum (AFZ) bezeichnet, beheimatet, das offiziell der Betreiber der Sendestelle war. Ausgestattet war die Sendestelle mit 9 Sendern des Typs KN5-E (5 kW Leistung) und weiteren vier Sendern Typ KN20-E (20 kW Leistung). Es ist aktuell nicht bekannt, mit welchen Antennen die Sendestelle ausgestattet war.
Die eigentliche zentrale Dienststelle des AFZ befand sich in der Empfnagsstelle in Crussow, etwa 8 Kilometer östlich von Angermünde.[7]
Es gibt zwar keine gesicherten Erkenntnisse darüber, dennoch könnte die Sendestelle Scheuder, westlich von Dessau, als Reservestandort in Frage kommen.
Geschichte
Wann genau G03 seinen Betrieb aufnahm ist nicht bekannt. Es besteht aber die Vermutung, dass G03 seine Sendungen im selben Zeitfenster begann, als der Deutsche Soldatensender 935 abgeschaltet wurde.
Erstes Log
Weil der genaue Sendebeginn von G03 nicht bekannt ist gibt es keine exakten Daten über das erste Log.
Es existiert allerdings eine Aufzeichnung von 1973 auf der Webseite von Simon Mason,[8] die aus der Anfangszeit von G03 stammen dürfte.
Letztes Log
Das letzte dokumentierte Log stammt vom 23. Mai 1990. Die Aufzeichnung stammt von Jochen Schäfer und wurde am Abend des besagten Tages um 23:30 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit erstellt. Auf der 3259 kHz war wie gewohnt der Gong aus der Ankündigung zu hören. Doch anstatt der zackigen Matrone mit ihren Zahlen waren offenbar betrunkene NVA-Offiziere zu hören, die das bekannte Kinderlied Alle meine Entchen intonierten.
Alle meine Entchen
Das Anstimmen des Kinderliedes Alle meine Entchen kann sowohl eine reine Laune des Personals der Sendesteuerung von G03 sein. Es erscheint aber auch möglich, dass dies eine "scharfe" Nachricht an alle Agenten im Einsatz ist. Dabei dient das Lied selbst als einfache Analogie mit den Befehlen an die Feldagenten:
Kindervers | Bedeutung |
Alle meine Entchen | An alle Agenten |
schwimmen auf dem See | Egal wo Ihr gerade seid |
Köpfchen in das Wasser | Taucht ab |
Schwänzchen in die Höh | Ändert Eure Identität |
Ob es sich hierbei tatsächlich um eine echte Nachricht handelt bleibt zunächst nur Spekulation und kann nicht belegt werden. Ganz abwegig ist die These jedoch nicht.[3]
Format
Format:G03 | Siehe auch Format von Zahlensendungen | ||||||
Erkennungssignal | Präambel | Sendung | Ende der Sendung | ||||
Gongsignal 10 Minuten vor Sendungsbeginn |
Mit Message | ||||||
ACHTUNG a1a1a1a1a1-gg a2a2a2a2a2-gg |
Nr. | Einleitung | Text | Wiederholung | Ende | ||
1. | ACHTUNG a1a1a1a1a1-gg a1a1a1a1a1-gg ACHTUNG |
FFFFF | entfällt | ENDE | |||
2. | ACHTUNG a2a2a2a2a2-gg a2a2a2a2a2-gg ACHTUNG |
FFFFF | entfällt | ENDE | |||
X. | ACHTUNG axaxaxaxax-gg axaxaxaxax-gg ACHTUNG |
FFFFF | entfällt | ENDE | Gong 1x gesendet |
Legende / Datenformate:
- iii / iiiii = ID in der Präambel, 3- / 5-stellig
- BB = Buchstaben-ID (nur bei E16/G16)
- aaa / aaaaa = "Agent" in der Präambel bzw. Einleitung, 3- / 5-stellig
- ddd / dddd / ddddd = „Decodekey“ in der Präambel bzw. Einleitung, 3-/4-/5-stellig
- R = Wiederholung (allgemein), R4m = Wiederholung für vier Minuten
- ggg = Gruppenzahlangabe, ein- bis dreistellig
- tt = Minutenangabe, zu der die Nachricht für diesen Agenten beginnt (nur bei G08)
- - = Trennzeichen, bei G03/G08 "Trennung"
- / = Trennzeichen, bei: G11 "Strich", E11/a "Oblique", S11 "Kreska", S11a "Cherta"
- fffff = Nachrichtentext, fünfstellige Zahlengruppe, einmal gesendet
- FFFFF = Nachrichtentext, fünfstellige Zahlengruppe, zweimal direkt hintereinander gesendet
- lllll = Nachrichtentext, fünfstellige Buchstabengruppe, einmal gesendet
- LLLLL = Nachrichtentext, fünfstellige Buchstabengruppe, zweimal direkt hintereinander gesendet
- nnn / nnnnn = Ende-Null, drei- oder fünfstellig, einmal gesendet
- NNN / NNNNN = Ende-Null, drei- oder fünfstellig, zweimal direkt hintereinander gesendet
Anmerkungen:
- (1): Die Länge der Wiederholung richtete sich nach der Anzahl der in einer Sendung zu versorgenden Agenten.
Dabei jeder aufgeführte einzelne Agent eine Wiederholungszeit der Präambel von 0:30. Daraus folgt, dass die Präambel bei zwei Agenten eine Minute dauert, bei drei Agenten anderthalb Minuten, bei vier Agenten dauert die Präambel zwei Minuten usw.
Sprache und Stimme
Die weibliche Stimme war digital aufgezeichnet, in den Anfängen von G30 aber live gesprochen. Die Aussprache war zackig, kam einem Befehlston sehr na. Dabei waren einige Zahlen äußerst charakteristisch in der Aussprache:
- die 2 wurde ZWO mit einem sehr kurzen O ausgesprochen ("Zwo!")
- die 4 klang wie "FIRR"
- die 8 war so kurz und zackig gesprochen, dass sie wie "AKT" klang
- die 9 wurde nicht "NEUEN" sondern ganz normal "NEUN" auspesprochen
- die 0 war in der Stimmlage etwas tiefer als die übrigen Zahlen und war im Vergleich eher gedehnt ("NUHL").
Aussprache von "Trennung" mit rollendem "R" oder das überbetonte "R" in der Ziffer 4 bei der insgesamt stackatoartigen Aussprache deuten am ehesten auf eine Sprecherin mit tschechischen Sprachwurzeln. Möglich erscheint auch eine Person mit ungarischen Sprachwurzeln. Klare Erkenntnisse über die ursprüngliche Stimme von G03 sind aber bislang noch nirgendwo aufzufinden gewesen.
Sendeplan
G03 wie auch G08 arbeiteten täglich nach einem festen Sendeplan. Sendungen konnten zur vollen oder zur halben Stunde beginnen, jeweils zehn Minuten vorher durch das Gong-Signal angekündigt. Bekannt sind 3 Frequenzen von G03 die wie folgt genutzt wurden:
Zeit GZ |
3258 kHz | 5410 kHz | 6410 kHz |
0900: | X
|
||
1000: | X
|
||
1030: | X
| ||
1100: | X
|
||
1130: | X
|
X
| |
1300: | X
| ||
1400: | X
|
||
1500: | ?(1)
|
||
1600: | X
|
||
1700: | X
|
||
1800: | X
|
||
1830: | X
|
||
1900: | X
|
||
1930: | X
|
||
2000: | X
|
||
2030: | X
|
||
2100: | X
| ||
2200: | X
|
||
2230: | X
|
X
|
|
2300: | X
|
||
2330: | X
|
Anmerkungen:
- (1): Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse über diesen Slot vor, aber viele Hinweise im Internet deuten auf einen solchen Slot hin.
Alle Zeitangabe bezeichnen die gesetzliche Zeit in Deutschland, da G03 den Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit und zurück mit vollzog.
Tondokumente
... Hier kommen die Klangbeispiele hin, sobald die Wikisoftware aktualisiert ist und die Playersoftware eingebunden ist.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bodo Wegman: Der Beitrag der Militäraufklärung der DDR - Überraschung und Trauma. In: NVA-Forum.de. 2004, abgerufen am 26. Dezember 2013 (PDF; 258 kB).
- ↑ Das Bundesarchiv, Ministerium für Nationale Verteidigung/Teilbestand Verwaltung Aufklärung, Aufgaben, Organisation, Koblenz 2005
- ↑ 3,0 3,1 Funkempfang Heft 11/2007 Seite 6 bis 8.
- ↑ NVA-Forum: Nennung von zwei Zahlensender-Standorten in der ehemaligen DDR (26.November 2008), abgerufen 19.05.2015
- ↑ Funksendestelle Scheuder in der NVA-Militäraufklärung, abgerufen am 19.05.2015
- ↑ Die Sendestelle bei Google Maps - Man kann noch das Senderhaus sehen, Antennen stehen jedoch keine mehr
- ↑ Die Empfangsstelle AFZ bei Crussow auf Google Maps Man kann eindeutig die beiden Gebäude der ehemaligen Zentrale erkennen
- ↑ G03 auf der Seite von Simon Mason
Quellen
Besonderer Dank
Mein besonderer Dank geht an OM Thorsten (Citizen5, kein Mitglied von UTDX)), der mir einen enormen Teil der Recherchearbeit abgenommen hat und sich mit diversen Geschichtsquellen auseinandergesetzt hat.