Buchstaben-Bake

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Signal der Bake D on 5137,5 kHz

Buchstaben Baken sind Funksender, deren Ursprung und Zweck bislang nicht vollständig geklärt sind. Sie senden ständig oder zu bestimmten Zeiten einen einzelnen Buchstaben in der Modulationsart CW (Morsecode) aus. Sie werden bereits seit den 1960er Jahren auf der Kurzwelle beobachtet und wurden in den 1990er Jahren durch die ENIGMA-Gruppe zuerst klassifiziert. Als Quelle gelten in fast allen Fällen die Streitkräfte der Russischen Föderation.

Buchstaben-Baken sind nicht mit den Non-Directional-Beacons (NDB) zu verwechseln, die der Navigation dienen und im Lang- und Mittelwellenbereich senden.

Die Buchstaben-Baken werden unterteilt in die folgenden Gruppen:

  • SLB, or "Single Letter Beacons" (Ein-Buchstaben-Baken)
  • SLHFB, or "Single Letter High Frequency Beacons" (Ein-Buchstaben-HF-Baken)
  • SLHFM, or "Single Letter High Frequency Markers" (Ein-Buchstaben-HF-Marker)
  • Cluster beacons (Cluster- oder Gruppen-Baken)
  • MX — nach ENIGMA bzw. ENIGMA2000

Allgemeine Beschreibung

Die Buchstaben-Baken arbeiten über den gesamten Bereich der Grenz- und Kurzwelle zwischen 1,7 und 30 MHz. Kennzeichnend ist die ständige Wiederholung meist eines einzigen Buchstaben im Morsecode. Die Geschwindigkeit variiert zwischen 4 WpM und etwa 10 WPM, kann also vergleichsweiese leicht mitgeschrieben werden. Die verwendete Modulationsart ist A1A (CW), selten A2A (MCW).

Senderstandorte

Als die Sendungen in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre entdeckt wurden war zunächst nichts über die Herkunft dieser Signale bekannt. Den Funkamateuren wurden sie weltweit bekannt als 1978 die Bake "W" auf 3584 kHz im 80-Meter-Band auftauchte. Es gab erste Vermutungen, dass diese Bake aus Kuba sendete[1]

Etwa um 1982 tauchten Berichte auf, nach denen die US-Streitkräfte die Bake "K" auf 9043 kHz gepeilt hätten und als Standort die Position 134°58′E nahe Khabarovsk in der ehemaligen Sowjetunion ausgemacht worden sei.[1] Ein paar Jahre später wurde vermutet, dass die Bake "K" tatsächlich aus der Gegend um Petropavlovsk (Kamchatka). Die etwa um diese Zeit erstmalig erwähnte Bake "U" wurde in der Nähe von Murmansk vermutet.[2]

In seinem 1994 veröffentlichten Buch "The underground frequency guide" schrieb Don Schimmel, die FCC (Federal Communications Commission, Fernmeldeaufsichtsbehörde der USA) habe 1986 durch Peilungen die folgenden Standorte für die einzelnen Buchstaben-Baken ermittelt[3]

ID Buchstabe QTH
C Moscow, Russia
D Odessa, Ukraine
O Moscow, Russia
P Kaliningrad, Russia
S Arkhangelsk, Russia
U Zwischen Murmansk & Amderma, Russia
Z Mukachevo, Ukraine

Dass die Sowjetunion bzw. das heutige Russland der Urheber der Sendungen ist wird dadurch untermauert, dass einzelne Baken mit Morsezeichen im kyrillischen Alfabet auftauchten.

Die ENIGMA-Gruppe übernahm die bis dahin veröffentlichten Ergebnisse für die sogenannten Cluster-Beacons "C", "D", "P" und "S", fügte aber noch Vladivostok als Stanodrt der Bake "F" hinzu.[4]

Ary Boender veröffentlichte 2006 ein weiteres Dokument über die Cluster-Beacons, das unter anderem weitere Frequenzen und Standorte von aktiven und inzwischen eingestellten Baken enthielt:

ID Buchstabe QTH
A Astrakhan, Russland (vermutlich)
C Moscow, Russland
D Sevastopol, Ukraine
F Vladivostok, Russland
K Petropavlovsk-Kamchatsky, Russland
M Magadan, Russland
P Kaliningrad, Exklave Kaliningrad
S Severomorsk, Russland

Für weitere Baken gibt das Dokument diese Standorte an:

ID Buchstabe QTH
L Tirana, Albania (inaktiv)
R Izhevsk (Ustinov), Russland
V Khiva, Usbekistan

Für die Bake "P", die im Dezember 2007 auch auf den Mittelwellenfrequenzen 420 und 583 kHz auftauchte, wird der Russische Marinestützpunkt in Kaliningrad vermutet.[5] Die Marine in Kaliningrad nutzt dazu das offizielle Rufzeichen RMP.

Typen

Bei den Ein-Buchstaben-Baken lassen sich grundsätzlich zwei Typen festmachen: Die sogenannten Cluster-Beacons (Cluster- oder Gruppen-Baken) und die Channel Marker (Kanal-Marker). Einzige Ausnahme ist die Bake "P" (Kaliningrad), sie taucht als einzige in beiden Kategorien auf.

Die nachfolgende Übersicht basiert auf den veröffentlichten Ergebnissen bei Ary Boender und ENIGMA2000 bis 2007.

Cluster-Beacons

Cluster-Baken gruppieren sich un 100 Hertz Abständen um einzlne Frequenzen herum (3594, 4558, 5154, 7039, 8495, 10872, 13528, 16332 and 20048 kHz). Aus diesem Umstand leitet sich der Name Cluster-Beacon (Gruppen-Bake) ab. Diese Baken senden lediglich ihre Kennung in normalem CW (A1A).

Die folgenden Buchstaben und Frequenzen von Cluster-Baken wurden durch weltweite Beobachtungen ermittelt und im Numbers&Oddities Newsletter sowie bei Utility DX Forum und ENIGMA-2000 veröffentlicht:

ID Buchstabe Frequenzen (kHz)
D 3593.7, 4557.7, 5153.7, 7038.7, 8494.7, 10871.7, 13527.7, 16331.7, 20047.7
P 3593.8, 4557.8, 5153.8, 7038.8, 8494.8, 10871.8, 13527.8, 16331.8, 20047.8
S 3593.9, 4557.9, 5153.9, 7038.9, 8494.9, 10871.9, 13527.9, 16331.9, 20047.9
C 3594.0, 4558.0, 5154.0, 7039.0, 8495.0, 10872.0, 13528.0, 16332.0, 20048.0
A 3595.1, 4558.1, 5154.1, 7039.1, 8495.1, 10872.1, 13528.1, 16332.1[6]
F 7039.2, 8495.2, 10872.2, 13528.2, 16332.2
K 5154.3, 7039.3, 8495.3, 10872.3, 13528.3, 16332.3
M 5154.4, 7039.4, 8495.4, 10872.4, 13528.4, 16332.4

Die Baken "F" und "M" wurden zwischenzeitlich auf abweichenden Frequenzen beobachtet.

Channel Marker

Die zweite Gruppe der Buchstaben-Baken umfasst jene, die sich nicht um einzelne Frequenzen herum gruppieren. Daher werden sie oftmals auch als "Einzelbaken" ("solitary beacons") bezeichnet. Channel Marker arbeiten ebenfalls in normalem CW (A1A).

Einige der Einzelbaken, zum Beispiel "R" auf 4325,9 and 5465,9 kHz, senden seit mehr als zehn Jahren ausschließlich ihre Kennung. Die Mehrzahl der Baken, allen voran "P", unterbrechen bisweilen die Aussendung der Kennung für kurze Nachrichten in schnellem Morsecode oder RTTY, meist im T-600 System mit 50 Baud. Der Begriff "Channel Marker" leitet sich daher davon ab, dass der einzelne Buchstabe als Kennung für einen freien Kanal genutzt wird, um die Frequenz besetzt zu halten.

Durch eine Vielzahl von Logs konnten zwischenzeitlich einzelnen Buchstaben auch ITU-konforme internationel Rufzeichen zugeordnet werden. Als Beispiel sei hier die Bake "C" auf 8000,0 kHz genannt. Auf dieser Frequenz tauchten Nachrichten auf, die unter dem Rufzeichen RIW verbreitet wurden, das der russischen Marine am Standort Khiva in Usbekistan zugewiesen ist.[7]

Auffällig ist, dass manche Baken mitunter die jeweiligen Buchstaben mit falschem Timing senden (Verhältnis von Punkten und Strichen passt nicht zueinander) oder dass die Modulation deutlich schlechter wird.

Die nachfolgende Tabelle listet die bisher (Stand 2009) weltweit geloggten Channel Marker und deren Frequenzen auf:

ID Buchstaben Frequenzen (kHz)
R 4325.9, 5465.9
V 3658.0, 5141, 5342, 6430.7, 6809, 7027.5, 8103.5, 10202
P[8] 420, 583, 3167, 3291, 3327, 3699.5, 3837, 4031, 4043, 4079
C 8000

FSK Baken

Die beiden inzwischen inaktiven Baken "K" und "U" sendeten grundsätzlich in FCW (F1A). Dies könnte darauf hindeuten, dass die bei Bedarf ausgesendeten Nachrichten auf den jeweiligen Frequenzen grundsätzlich in FSK RTTY (T-600) ausgestrahlt wurden.

ENIGMA-Klassifizierung

Im Rahmen der Nomenklatur der ehemaligen ENIGMA-Gruppe wurden Zahlensender und weitere interessante Aussendungen auf HF mit Kurzbezeichnungen indiziert. In der ursprünglichen Fassung aus der Mitte der 1990er Jahre wurdem die Buchstaben-Baken wie folgt klassifiziert[9]

ENIGMA ID Beschreibung
MX Cluster beacons
MXV Irregular “V” beacons, not in clusters
MXS Solitaires: letter beacons out of cluster bands
MXF FSK beacons (K, U), no longer active in 1995

Der Nachfolger von ENIGMA, die ENIGMA2000-Gruppe überarbeitete diese Einteilung und veröffentlichte 2007 im Rahmen der Enigma Control List Nummer 23 die nachfolgende Klassifizierung:

ENIGMA ID Beschreibung
MX Solitary HF single letter beacons
MXI Single letter beacons in clusters
MXII FSK beacons (K, U), no longer active
MXV Irregular “V” transmissions
MXP Letter beacons also sending messages
MXIII (deleted, merged with MX)
MXIV (deleted, merged with MX)

Zweck

Es gibt bis heute keine absolut gesicherten Erkenntnisse über den Zweck sowohl der Cluster-Beacons als auch der Channel Marker. Die meisten Rückschlüsse basieren auf über mehr als 20 Jahre durchgeführte Beobachtungen von Utility-DXern weltweit. Spekulationen dazu tauchten in unterschiedlichen Publikationen weltweit auf. Darunter war auch die These, die Buchstaben-Baken dienten dem sogenannten Satelliten-Tracking oder dem Zivilschutz.[10]

Neueren Thesen zufolge, vor allem durch die ENIGMA2000-Gruppe, gehören die Cluster Beacons zur U-Boot-Flotte Russlands. Demnach dienen sie als Indikatoren für HF-Ausbreitungsbedingungen, die so dem U-Boot-Funker das Auffinden der besten Frequenzen für die Übermittlung von Nachrichten an Land ermöglichen sollen. Eine schlussendliche Bestätigung aller dieser Thesen ist bis heute nicht bekannt.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 SLHFB in The SPEEDX reference guide to the Utilities (1984)
  2. William I. Orr, W6SAI: "High Frequency Single-Letter Beacons (SLBs); Part 1: The K- and U-Beacons, The Search Goes On" in "Popular Communications", Dezember 1984, Seiten 28-31
  3. Schimmel, D.W. (1994). The underground frequency guide. HighText Publications, Inc. pp. 78–83. ISBN 1-878707-17-5.
  4. ENGIMA Newsletter 18, Januar 2000, Seite 15
  5. Robert Connolly (January 2008). "Maritime matters: Why we hear more signals from the Russian Navy?". Radio User (PW Publishing Ltd) 3 (1): 32. ISSN 1748-8117
  6. [Numbers & Oddities, Ausgabe 135 - Download als ZIP: http://www.numbersoddities.nl/2008.zip]
  7. [Numbers & Oddities, Ausgabe 142 http://www.numbersoddities.nl/2009.zip] ZIP-Datei
  8. Einige der Sendungen können im sogenannten FCW (F1A) anstelle des einfachen CW (A1A) erfolgen.
  9. ENIGMA Newsletter 7, Januar 1995, Seiten 11 - 12
  10. William Poundstone: Big Secrets. Quill Publishers New York 1983, Seiten 191-193

Weitere Texte und Quellen

  • Schimmel, D.W. (1994). The underground frequency guide. HighText Publications, Inc. ISBN 1-878707-17-5. OCLC 31628702.
  • Harry L. Helms, W5HLH (1981). How to tune the secret shortwave spectrum. Tab Books, Inc. pp. 141–143. ISBN 0-8306-1185-1.
  • Anonymous (1984). "SLHFB (Single letter high frequency beacons)", The SPEEDX reference guide to the Utilities. SPEEDX.
  • Spooks mailing list.
  • Numbers and Oddities: Ary Boender compiles this monthly bulletin with reception reports of various mysterious transmissions and makes it available for download at his personal web site.
  • Mike G. (January 1998). "Single letter cluster beacons". ENIGMA Newsletter (ENIGMA) (14): 31–33.
  • Simon Mason (January 1999). "New revelations about single letter transmissions (MX)". ENIGMA Newsletter (ENIGMA) (16): 39–40.
  • William I. Orr, W6SAI (December 1984). "High Frequency Single-Letter Beacons (SLBs); Part 1: The K- and U-Beacons, The Search Goes On". Popular Communications (CQ Communications, Inc): 28–31. ISSN 0733-3315.
  • William I. Orr, W6SAI (January 1985). "Those Mysterious High Frequency Single-Letter Beacons (SLBs); Part 2: The "Cluster Beacons" – A Soviet Riddle!". Popular Communications (CQ Communications, Inc): 22–24. ISSN 0733-3315.
  • William I. Orr, W6SAI (February 1985). "The Cluster Beacons Revisited; An Inside Look at Nine Puzzling Channels". Popular Communications (CQ Communications, Inc): 38–40. ISSN 0733-3315.
  • Enigma 2000 Group (February 2016). "ENIGMA 2000 Active Station List" (PDF). Enigma 2000. Retrieved 2016-03-17. : Replaces the formed "ENIGMA Control List"

Quellen