Rufzeichen
Ein Rufzeichen (auch Stationskennung) dient nach den Regelungen der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) zur Identifikation einer Funkstelle. In den Funkdiensten, in denen ein Rufzeichen verwendet wird, muss im internationalen Funkverkehr die Rufzeichennennung gemäß der Vollzugsordnung für den Funkdienst nach der dort in Anhang 14 angegebenen Buchstabiertafel erfolgen.
Allgemeines
Ein Rufzeichen besteht aus einer Folge von Buchstaben und Ziffern, die nach bestimmten Schemata gebildet werden. Die ersten Zeichen, das ITU-Präfix, dient zur Kennzeichnung der Nationalität der Funkstelle. Diese Präfixe werden von der ITU festgelegt und in einem oder mehreren Blöcken den Staaten zugeteilt. Sie bestehen üblicherweise aus zwei Zeichen, von denen mindestens eines ein Buchstabe ist. Von einigen größeren Ländern werden Präfixe aus nur einem Zeichen benutzt, und in Ausnahmefällen werden drei Zeichen verwendet.
Zur besseren Unterscheidung und leichteren Handhabung bei der Vergabe werden den Funkstellen der verschiedenen Funkdienste Rufzeichen nach bestimmten Schemata zugeteilt:
Funkdienst | Mögliche Rufzeichen |
---|---|
Fester Funkdienst | NNA, NNA9, NNA99, NNA999 |
Mobiler Seefunkdienst | NNAA, NNAA9, NNAA99, NNA999, NNA9999 |
Mobiler Flugfunkdienst | NNAAA, NAAAA, N9999 (weitere Rufzeichen möglich) |
Mobiler Landfunkdienst | NA9999, NNA9999, NNAA9999 |
Amateurfunkdienst | NN9A, NN9NA, NN9NNA, NN9NNNA, A9A, A9NA, A9NNA, A9NNNA |
(N = Buchstabe oder Ziffer, A = Buchstabe, 9 = Ziffer). Von den ersten beiden Zeichen ist wenigstens eines ein Buchstabe; in den meisten Fällen dürfen die Ziffern 0 und 1 nicht einem Buchstaben folgen |
Die historische Entwicklung der Präfixe für die deutschsprachigen Staaten ist in folgender Tabelle dargestellt:
Land | Präfixe | Bemerkungen |
---|---|---|
Deutsches Reich | D | 1935 bis 1945 |
Saarland | 9S | 1949 bis 1957 |
Deutsche Demokratische Republik | DM–DT, Y2–Y9 | DM-DT 1949 bis 1979, Y von 1980 bis 1990 |
Bundesrepublik Deutschland | DA–DR, Y2–Y9 | Bis 1979 nur DA-DL. Die ITU wies der Bundesrepublik Deutschland 1979 den von der DDR abgegebenen Rufzeichenblock DM-DR zu. Die Y-Präfixe wurden nach dem Beitritt für eine Übergangszeit in der Bundesrepublik verwendet, werden aber nicht mehr vergeben. |
Österreich | OE | Erste Amateurfunklizenzen nach dem Zweiten Weltkrieg ab Juni 1954 |
Schweiz | HB, HE | Die Präfixe HB0 und HE0 werden von Liechtenstein verwendet. HB3 wird für die Einsteigerlizenz und HB4 für Amateurfunkstationen der Armee und armeenaher Organisationen vergeben. |
Die Rufzeichen werden von den nationalen Verwaltungsbehörden unter Berücksichtigung der vorgegebenen Präfixe entsprechend vergeben. Dabei werden nicht alle Möglichkeiten zur Rufzeichenbildung wahrgenommen. In Deutschland erfolgt die Rufzeichenvergabe durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA).
In den Vereinigten Staaten melden sich Fernsehsender und Radiosender traditionellerweise mit ihrem Funkrufzeichen anstatt des Sendernamens.
Rufzeichen im Amateurfunkdienst
Rufzeichen werden im Amateurfunkdienst im Allgemeinen regelmäßig übermittelt. Die Zuteilung der Rufzeichen zu den einzelnen Funkstationen beziehungsweise Lizenzinhabern erfolgt nach bestimmten Schemata, die beispielsweise die Lizenzklassen, die geographische Lage oder die Verwendung der Funkstation (beispielsweise als Klubstation oder Relaisfunkstelle) berücksichtigen.
Funkrufzeichen in der Luftfahrt
In der Luftfahrt wird zwischen Bodenfunkstellen und Luftfunkstellen unterschieden.
Rufzeichen von Bodenfunkstellen
Das Rufzeichen einer Bodenfunkstelle setzt sich zusammen aus einer Ortsbezeichnung oder dem Namen einer Bodenfunkstelle und einer der nachfolgend aufgeführten Funktionsbezeichnungen.[1]
CONTROL | Bezirkskontrolle ohne Radar |
RADAR | Flugverkehrskontrolle mit Radar |
APPROACH | An- und Abflugkontrolle ohne Radar |
ARRIVAL | Anflugkontrolle mit Radar |
DEPARTURE | Abflugkontrolle mit Radar |
TOWER | Flugplatzkontrolle |
GROUND | Flugverkehrskontrolle auf dem Rollfeld |
DELIVERY | Übermittlung von Streckenfreigaben |
PRECISION | Endanflugkontrolle mit Präzisionsradar |
HOMER | Peilstation |
INFORMATION | Fluginformationsdienst (in Deutschland der DFS) |
APRON | Bewegungslenkung auf dem Vorfeld |
DISPATCH | Übermittlung von Flugbetriebsmeldungen einer Luftverkehrsgesellschaft |
RADIO | übrige Flugfunkstation |
TURM | Flugplatzkontrolle |
ROLLKONTROLLE | Flugverkehrskontrolle auf dem Rollfeld |
INFORMATION | Fluginformationsdienst |
START oder SCHULE | Ausbildung von Luftfahrern |
INFO | Flugplatzinformationsdienst durch Luftaufsichtspersonal oder Flugleiter |
VORFELD | Bewegungslenkung auf dem Vorfeld |
SEGELFLUG | Segelflugbetrieb |
RÜCKHOLER | Segelflugbegleit- und Rückholbetrieb |
VERFOLGER | Freiballonbegleit- und Rückholbetrieb |
WETTBEWERB | Wettbewerbsveranstaltungen |
Rufzeichen von Luftfunkstellen
Rufzeichen von Luftfunkstellen müssen einem der folgenden Typen entsprechen:
- Typ a)
-
- Staatszugehörigkeitszeichen und Eintragungszeichen des Luftfahrzeuges
- Name des Luftfahrzeugherstellers, Staatszugehörigkeitszeichen und Eintragungszeichen des Luftfahrzeuges
- Name des Luftfahrzeugmusters, Staatszugehörigkeitszeichen und Eintragungszeichen des Luftfahrzeuges
- Typ b)
- Die im Sprechfunk verwendete Bezeichnung des Luftfahrtunternehmens, gefolgt von den vier Zeichen des Eintragungszeichens
- Typ c)
- Die im Sprechfunk verwendete Bezeichnung des Luftfahrtunternehmens, gefolgt von der Flugnummer
- Typ d)
- Ein maximal siebenstelliges Rufzeichen für militärische Luftfahrzeuge und für Luftfahrzeuge die zu besonderen öffentlichen Zwecken eingesetzt sind.
Die Rufzeichen von Luftfunkstellen dürfen während des Fluges nicht geändert werden, es sei denn, die Bodenfunkstelle hat zur Vermeidung einer Verwechslung ausdrücklich ein anderes Rufzeichen zugewiesen. Unter bestimmten Bedingungen ist die Verwendung von verkürzten Rufzeichen erlaubt.
Die im Sprechfunk verwendete Bezeichnung ist meist direkt vom Namen der Fluglinie abgeleitet (z.B. "Delta" oder "Lufthansa"), manchmal aber auch ein ganz anderes Wort (z.B. "Cactus" bei America West bzw. heute US Airways). Diese Bezeichnungen sind in den Artikeln zu den Fluglinien in der jeweiligen Info-Box unter "Rufzeichen" angegeben.
Beispiele
- Der Tower in München (Bodenfunkstelle) wird nach dem obengenannten Schema (Ortsbezeichnung-Funktion) auf englisch als Munich Tower bzw. auf deutsch München Turm gerufen.
- Ein österreichischer Motorsegler mit der Kennung OE-9315 wird Oscar-Echo-Neun-Drei-Eins-Fünf gerufen (Typ a)1.). Verkürztes Rufzeichen: Oscar-Eins-Fünf oder Oscar-Drei-Eins-Fünf
- Eine Lufthansa-Boeing mit der Kennung D-ABCD, die mit der Flugnummer LH-7810 fliegt, könnte Delta-Alpha-Bravo-Charlie-Delta (verkürzt Delta-Charlie-Delta) gerufen werden. Üblich ist aber bei Linien- und Charterflügen Typ c), also Lufthansa-Seven-Eight-One-Zero.
- Besondere Rufzeichen Typ d) sind z. B.
- Christoph-Eins-Neun: deutsche Rettungshubschrauber werden mit dem Präfix Christoph gefolgt von einer Nummer oder dem Standort (z.B. Christoph Regensburg) gerufen.
- Air Force One: Rufzeichen eines Luftfahrzeuges der US Air Force, das den amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten an Bord hat. Als Richard Nixon 1974 zurücktrat, startete das Fahrzeug mit dem Rufzeichen Air Force One von der Andrews Air Force Base. In dem Moment, als Gerald Ford seinen Amtseid ablegte und damit Nixon nicht mehr Präsident war, wurde das Rufzeichen dieses Flugzeugs in SAM 26000 geändert (SAM bedeutet Special Air Mission).
Funkrufzeichen in der Seefahrt
Im mobilen Seefunkdienst wird zwischen Küstenfunkstellen und Seefunkstellen unterschieden.
Rufzeichen von Küstenfunkstellen
Für Verwendung von Morsetelegrafie wird bzw. wurde einer Küstenfunkstelle ein Rufzeichen zugeordnet, z. B. DAN für Norddeich Radio oder DAO für Kiel Radio. Bei Verwendung von Sprechfunk werden Küstenfunkstellen nicht mit einem Rufzeichen, sondern mit ihrem Namen gerufen. Der Name setzt sich zusammen aus der Ortsbezeichnung und dem nachgestellten Wort „Radio“ oder z. B. „Schleuse“. Ebenso wird im weltweiten Seenot- und Sicherheitssystem (GMDSS) eine Küstenfunkstelle auch durch ihre Rufnummer des mobilen Seefunkdienstes (MMSI) eindeutig identifiziert.
Rufzeichen von Seefunkstellen
Jede Seefunkstelle hat ein eindeutiges Rufzeichen, das sich aus mehreren Buchstaben oder einer Kombination von Buchstaben und Zahlen zusammensetzt. Ein Rufzeichen identifiziert eine Seefunkstelle eindeutig, d. h. jedes Rufzeichen ist nur einmal vergeben.
Bei im Schiffsregister eingetragenen Schiffen ist das Unterscheidungssignal gleichzeitig Rufzeichen, z. B. DRAX für die Gorch Fock.
Seefunkstellen können darüber hinaus auch mit dem Namen des Fahrzeugs, auf dem sie sich befinden, gerufen werden. Ebenso wird im weltweiten Seenot- und Sicherheitsfunksystem (GMDSS) eine Seefunkstelle auch durch ihre Rufnummer des mobilen Seefunkdienstes (MMSI) eindeutig identifiziert.
Weblinks
- Tabelle der Zuordnung der Rufzeichenblöcke zu den Staaten bei der ITU
- MARS-Dienst der ITU: Suche nach Rufzeichen, MMSI oder Schiffsname von registrierten Seefunkstellen
Einzelnachweise
- ↑ ICAO Doc 9432, Manual of Radiotelephony