Troposphären-Nachrichtensystem „BARS“

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Das strategische Troposphären-Nachrichtensystem „BARS“
BARS-Station No 204 um Thorn, Polen

Das strategische Troposphären-Nachrichtensystem „BARS“ (russisch Schneeleopard) war ein Verbund von Troposcatterfunkstellen, der auch nach einem Einsatz von funktionsfähig bleiben sollte.

Das Troposphären-Nachrichtensystem war eine Komponente des Einheitlichen Nachrichtensystems (ENS) der Teilnehmerländer des Warschauer Pakts. Es wurde in einem Zeitraum von vier Jahren Mitte der 1980er Jahre errichtet.

Struktur

Das System erstreckte sich über alle Teilnehmerländer außer Rumänien. Es sah für die einzelnen Länder die Errichtung einer unterschiedlichen Zahl von Troposphärenfunkstationen vor. Seine Ausdehnung erfolgte aus den westlichen Gebieten der UdSSR über vier Achsen, jeweils zwei in westlicher und südwestlicher Richtung. Diese Richtungen entsprachen den möglichen Hauptrichtungen in einem Krieg auf den mitteleuropäischen Kriegsschauplatz.

Seine Errichtung war eine Antwort auf den NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979, der für den Fall des Scheitern von Verhandlungen über die Reduzierung der Trägerwaffen die Stationierung neuer Marschflugkörper mit atomaren Sprengköpfen in den Ländern der NATO vorsah. Aufgrund der spezifischen Abstrahlungs- und Ausbreitungsbedingungen der elektromagnetischen Energie des Systems (Troposcatter) war die Wahrscheinlichkeit zur Aufrechterhaltung der Führung in der oberen Führungsebene nach dem Einsatz von Kernwaffen gegeben.

Einsatz im Kernwaffenkrieg

Vorrangig sind es technische Mittel, die Führung von Führungsstellen überhaupt erst ermöglichen. Jeder kennt sie, die Nachrichtenmittel (Fernmeldemittel), drahtgebundene, Richtfunk-, Funk-, Satelliten- oder auch die Kurier- und Feldpostmittel. In militärischen Strukturen werden diese bei Beachtung der Führungsebene alle gleichzeitig zwischen zwei Führungsstellen organisiert. Jedes einzelne Mittel stellt im Falle des Ausfalls eine Alternative für die verbleibenden Mittel dar. In ihrer Gesamtheit bestimmen sie Standhaftigkeit und Zuverlässigkeit der Führung. Mit den Möglichkeiten des Mittels Troposphärenfunk wurden genannte Kriterien weiter erhöht. Weist doch dieses Mittel infolge geschützter Unterbringung und der Besonderheiten der Abstrahlung elektromagnetischer Energie Eigenschaften auf, in einem Kernwaffenkrieg weniger anfällig zu sein als andere. Daraus resultiert der Einsatz auf höchster Führungsebene. Das bedeutet keinesfalls, das über dieses Mittel in einem Kernwaffenkrieg Führung möglich sein muss. Alle gebildeten Nachrichtenkanäle einer Troposphären-Funkrichtung wurden über herkömmliche Nachrichtenmittel zu den teilweise weit entfernt liegenden Führungsstellen weiter geschaltet. Und die Anfälligkeit herkömmlicher Mittel gegenüber den Wirkungen eines Atomschlages sollte hinlänglich bekannt sein. Wenn alle diese Mittel zerstört sind gibt es keine Führung, auch nicht über eine Troposphären-Funkstation. Sie stellt keine Führungsstelle dar, ist ein reines Nachrichtenobjekt mit technischem Personal, was auf Nutzung der Kanäle zur Nachrichtenübermittlung absolut keinen Einfluss hat. Das wird Lesern, Zuhörern und Zuschauern, insbesondere in TV-Dokumentationen verschwiegen, weil es keine Sensation darstellt. Infolge wird den Stationen eine Funktion zugeordnet, die sie niemals erfüllen konnten und erfüllt haben.

Errichtung des Systems

Einordnung der Troposphärenfunkstationen in das Führungs- und Nachrichtensystem

Die Errichtung des strategischen Troposphären-Nachrichtensystems wurde im September 1980 von Militärexperten in Moskau beraten, beschlossen und den Regierungen zur Ratifizierung vorgelegt. Trotz größter ökonomischer und finanzieller Schwierigkeiten in den Ländern wurde das System außerhalb der Planinvestitionen im Zeitraum von 1982 bis 1987 realisiert, wenn auch in einigen Ländern mit Einschränkungen. So wurden z. B. in der VR Polen nicht alle Troposphärenfunkstationen in unterirdischen Schutzbauten (Bunkern) errichtet. Das System war stationär ausgelegt und ermöglichte auf den Achsen und Rochaden eine hohe Manövrierfähigkeit mit Nachrichtenkanälen. Für den Fall von Kampfhandlungen in der West- und Südwestrichtung waren in den Stellen- und Ausrüstungsplänen (STAN) die mobile Variante des Gerätesystems aufgenommen. In der DDR erfolgte die Einführung der mobilen Variante noch im Februar 1990.

Das System ging am 1. Dezember 1987 offiziell in Betrieb und wurde bis zum 7. Mai 1990 nach Programmzeiten gefahren, bevor es in die operative Nutzung (Dauerbetrieb) ging. Am 14. August 1990 erfolgte die Abschaltung des Systems, die Außerbetriebnahme aller Verbindungen.

Die DDR war mit drei Troposphärenfunkstationen beteiligt, die in geschützten Bauwerken (Bunkern) installiert waren:

  • Troposphärenfunkstation 301 in Wollenberg bei Bad Freienwalde in Brandenburg,
  • Troposphärenfunkstation 302 in Langsdorf bei Bad Sülze in Mecklenburg-Vorpommern,
  • Troposphärenfunkstation 303 in Röhrsdorf bei Königsbrück in Sachsen.

Jedes der Schutzbauwerke war projektiert, gebaut und vorbereitet für die Aufnahme von vier Troposphärenfunkgerätesätzen der neuesten Generation, was die Herstellung von Verbindungen in vier Richtungen ermöglichte. In den Richtungen war die Bildung von 60 bzw. 120 Nachrichtenkanälen möglich. Die Standorte der Stationen waren nach operativ-strategischen Gesichtspunkten ausgewählt und berücksichtigten die Eingliederung der NVA in den Bestand der Koalitionsstreitkräfte. So sicherte die Troposphärenfunkstation 301 unter anderem die Troposphärenfunkverbindungen zur Hauptnachrichtenzentrale des MfNV und der Hauptführungsstelle des MfNV in Harnekop. Auf nationaler Ebene gingen die Troposphärenfunkstationen als die Stütznachrichtenzentralen 301 – 303 in das komplexe Nachrichtensystem der NVA ein. Mit diesen Bezeichnungen wurde zugleich ihre Existenz als Troposphärenfunkstationen verschleiert.

Fernvermittlungsschrank 4

Aufgrund ihres Schutzgrades wurden die Bunker der Troposphärenfunkzentralen in der DDR in das so genannte Not- und Havariefernsprechnetz der NVA integriert. Das Netz war Bestandteil des Führungssystems und ging ein in das gedeckt vorbereitete Nachrichtensystem der NVA für den Kriegsfall. Nur allein dieser Aufgabe dienten die in den Bunkern installierten Fernvermittlungschränke FVS 4.

  • (Anmerkung: Begriffe wie Nachrichtensystem, Nachrichtenkanal u.ä. sind nicht der Nachrichtengewinnung (Aufklärung) zuzuordnen. In der DDR entsprachen sie heutigen Begriffen wie Fernmeldesystem, Fernmeldekanal usw.)

Siehe auch

Literatur

  • Joachim Kampe: Das Troposphären-Nachrichtensystem "BARS" und die Bunkeranlage Wollenberg, ISBN 978-3-932566-90-5
  • Hans-Werner Deim u.a.: Die militärische Sicherheit der DDR im Kalten Krieg. ISBN 978-3-932566-80-6
  • Götz Thomas Wenzel: Geheimobjekt Atombunker. ISBN 978-3-86153-388-7

Weblinks

Quelle