Sandbox:G03: Unterschied zwischen den Versionen
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[[File:Coat of arms of NVA (East Germany).svg|rechts|120px|Das Wappen der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik]] | [[File:Coat of arms of NVA (East Germany).svg|rechts|120px|Das Wappen der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik]] | ||
Der Sender '''G03''' war ein [[Zahlensender]], der auch unter dem Spitznamen ''Gong Station'' bzw. ''Chimes Station'' bekannt wurde. Er wurde durch das | Der Sender '''G03''' war ein [[Zahlensender]], der auch unter dem Spitznamen ''Gong Station'' bzw. ''Chimes Station'' bekannt wurde. Er wurde durch das | ||
G03 ist einer der bekanntesten Zahlensender | Ministerium für Nationale Verteidigung betrieben. Die Hauptaufgabe des Militärgeheimdienstes der DDR war die "Verhinderung der Überraschung durch den | ||
Gegner".<ref>Bodo Wegman: ''[http://www.nva-forum.de/projekte/download/A20040101_wegmann.pdf Der Beitrag der Militäraufklärung der DDR - Überraschung und | |||
Trauma]''. In: NVA-Forum.de. 2004, abgerufen am 26. Dezember 2013 (PDF; 258 kB).</ref> Dazu hatte der Militärgeheimdienst viele Agenten ins Umfeld, in die | |||
Bundeswehr sowie die NATO eingeschleust. | |||
G03 ist einer der bekanntesten Zahlensender und war mehr als 20 Jahre in seiner zuletzt bekannten Form auf der [[Kurzwelle]] aktiv. | |||
==Eckdaten== | ==Eckdaten== | ||
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<!--Anmerkungen: | <!--Anmerkungen: | ||
* (1): Es gibt zwei unterschiedliche Angaben, auf die im Zuge der Recherche gestoßen wurde. | * (1): Es gibt zwei unterschiedliche Angaben, auf die im Zuge der Recherche gestoßen wurde. | ||
Aktuell gehe ich davon aus, dass der 23. Mai 1990 auch tatsächlich die letzte Seundung lief. Ein entsprechendes Dokument ist in meiner Lesemappe und wird dann entpsrechend als Referenz/Einzelnachweis angegeben! (tiNG)--> | Aktuell gehe ich davon aus, dass der 23. Mai 1990 auch tatsächlich die letzte Seundung lief. Ein entsprechendes Dokument ist in meiner Lesemappe und wird | ||
dann entpsrechend als Referenz/Einzelnachweis angegeben! (tiNG)--> | |||
===Klassifizierung=== | ===Klassifizierung=== | ||
Der Sender G03 ist durch die [[ENIGMA2000|E2K]]-Gruppe aufgrund der Sprache (G = ''German'') klassifiziert und wird der sogenannten ''Family'' XVII zugeordnet. | Der Sender G03 ist durch die [[ENIGMA2000|E2K]]-Gruppe aufgrund der Sprache (G = ''German'') klassifiziert und wird der sogenannten ''Family'' XVII | ||
zugeordnet. | |||
== Betreiber == | == Betreiber == | ||
Betrieben wurde der Sender durch den Militärnachrichtendienst der Nationalen Volksarmee der DDR. Dieser Nachrichtendienst unterstand dem Stellvertreter des Ministers und Chef des Hauptstabes des Ministeriums für Nationale Verteidigung (MfNV). Die Truppenaufklärung war im MfNV unter der Bezeichnung "Verwaltung Aufklärung" personell und organisatorisch vom militärischen Nachrichtendienst der NVA bis zum Jahre 1964 getrennt. Bis dahin gab es einen Chef Aufklärung im Hauptstab des MfNV und einen Chef der 12. Verwaltung. Die 12. Verwaltung und die Verwaltung Aufklärung wurden am 1. September 1964 zusammengefasst. Der Chef der neuen Verwaltung Aufklärung war von nun an in Personalunion Chef Aufklärung des Ministeriums für Nationale Verteidigung.<ref>[http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/DVW1-21918/index.htm Das Bundesarchiv, Ministerium für Nationale | Betrieben wurde der Sender durch den Militärnachrichtendienst der Nationalen Volksarmee der DDR. Dieser Nachrichtendienst unterstand dem Stellvertreter des | ||
Ministers und Chef des Hauptstabes des Ministeriums für Nationale Verteidigung (MfNV). Die Truppenaufklärung war im MfNV unter der Bezeichnung "Verwaltung | |||
Aufklärung" personell und organisatorisch vom militärischen Nachrichtendienst der NVA bis zum Jahre 1964 getrennt. Bis dahin gab es einen Chef Aufklärung im | |||
Hauptstab des MfNV und einen Chef der 12. Verwaltung. Die 12. Verwaltung und die Verwaltung Aufklärung wurden am 1. September 1964 zusammengefasst. Der Chef | |||
der neuen Verwaltung Aufklärung war von nun an in Personalunion Chef Aufklärung des Ministeriums für Nationale | |||
Verteidigung.<ref>[http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/DVW1-21918/index.htm Das Bundesarchiv, Ministerium für Nationale | |||
Verteidigung/Teilbestand Verwaltung Aufklärung, Aufgaben, Organisation], Koblenz 2005</ref> | |||
Diese gliederte sich im Jahre 1988 in die vier Organisationselemente "Stab", "Agenturische Aufklärung", "Strategische Aufklärung" und "Operativ-Taktische | |||
Aufklärung". Dabei war das Organisationselement "Agenturische Aufklärung" zuständig für die Führung der Agenten und zeichnete daher für den Betrieb von G03 | |||
verantwortlich. | |||
=== Senderstandorte === | === Senderstandorte === | ||
[[Datei:Kn5-e.jpg|mini|5-kW-Sender KN5-E von RFT, hier ein Bild aus der [[Sendestelle Scheuder]] (Dessau)]] | [[Datei:Kn5-e.jpg|mini|5-kW-Sender KN5-E von RFT, hier ein Bild aus der [[Sendestelle Scheuder]] (Dessau)]] | ||
Der Bereich Aufklärung (BA) der NVA verfügte über insgesamt vier Sendestellen: Bernau (ab ca. 1961 außer Betrieb), Angermünde (TX: Senftenhütte, RX: Crussow, ab etwa 1961 in Betrieb), Dahlwitz-Hoppegarten (interne Bezeichnung "137") und [[Sendestelle Scheuder|Scheuder]] (westlich von Dessau). | Der Bereich Aufklärung (BA) der NVA verfügte über insgesamt vier Sendestellen: Bernau (ab ca. 1961 außer Betrieb), Angermünde (TX: Senftenhütte, RX: Crussow, | ||
ab etwa 1961 in Betrieb), Dahlwitz-Hoppegarten (interne Bezeichnung "137") und [[Sendestelle Scheuder|Scheuder]] (westlich von Dessau). | |||
Es gilt als gesichert, dass die ersten Sendungen von G03 bzw. dessen unmittelbarem Vorgänger von einem Gelände in Bernau oder näherem Umland stammten.<ref | |||
name="funkempfang">[http://www.hurcks.de/funkempfang/newsletter/ausgaben_nl/2007-11NL26.PDF Funkempfang Heft 11/2007] Seite 6 bis | |||
8.</ref><ref>[http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?showtopic=5768&hl=number+stations# NVA-Forum: Nennung von zwei Zahlensender-Standorten in der | |||
ehemaligen DDR (26.November 2008)], abgerufen 19.05.2015</ref> Ab etwa 1961 kamen die Sendungen aus einem Waldstück bei Senftenhütte (Gemeinde Chorin) in | |||
Brandenburg.<ref name="funkempfang"/><ref>[http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?showtopic=5768&hl=number+stations# NVA-Forum: Nennung von zwei | |||
Zahlensender-Standorten in der ehemaligen DDR (26.November 2008)], abgerufen 19.05.2015</ref><ref name="nva-88">[http://www.relikte.com/_basis/docs/nva-2.pdf | |||
NVA-88] 2. Ausgabe Dezember 2014</ref><ref | |||
name="trl949">[http://www.militaermuseum-anhalt.de/index.php?option=com_content&view=article&id=82:funksendestelle-scheuder&catid=59:geschichtliches&Itemid=6 | |||
7 Funksendestelle Scheuder in der NVA-Militäraufklärung], abgerufen am 19.05.2015</ref><ref>[https://goo.gl/maps/xlg99 Die Sendestelle bei Google Maps] - Man | |||
kann noch das Senderhaus sehen, Antennen stehen jedoch keine mehr</ref> Der Ort liegt etwa 20 Kilometer südwestlich von Angermünde. | |||
Dieser Standort war eine der beiden Stellen des Funkamtes der NVA, im internen Sprachgebrauch der NVA auch als ''Agenturisches Funkzentrum'' (AFZ) | |||
bezeichnet. Das Funkamt selbst hatte seinen Sitz in der Grunowstraße in Dahlwitz-Hoppegarten.<ref name="nva-88"/><ref>[https://goo.gl/maps/G7aTA Die | |||
Liegenschaft Dahlwitz-Hoppegarten bei Google-Maps]</ref> Von hier aus wurde der Sender in Senftenhütte unter Mitwirken des Personals in der dazugehörigen | |||
Empfangsstelle in Crussow fernbedient. Ausgestattet war die Sendestelle mit 9 Sendern des Typs KN5-E (5 kW Leistung) und weiteren vier Sendern Typ KN20-E (20 | |||
kW Leistung). Es ist aktuell nicht bekannt, welche Antennen zum Einsatz kamen. | |||
In Dahlwitz-Hoppegarten, direkt an der nordöstlichen Grenze zwischen Berlin und Brandenburg, gab es noch eine weitere Sendestelle. Diese trug die interne | |||
Bezeichnung "137" und war bis Mitte der 1980er Jahre in Betrieb.<ref name="trl949"/> Danach wurde sie umfangreich modernisiert. Allerdings ist nicht davon | |||
auszugehen, dass die Sendungen von G03 aus dieser Sendestelle kamen. Die "137" stand in direkter Verbindung mit der BSt-4 in [[Sendestelle | |||
Scheuder|Scheuder]], welche die Aufgaben von "137" während der dortigen Arbeiten übernahm. Die Ausstattung der "137" bestand aus ungefähr fünf Sendern KN1E | |||
(1 kW). Näheres ist nicht bekannt. | |||
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Die eigentliche zentrale Dienststelle des AFZ befand sich in der Empfangsstelle in Crussow, etwa 8 Kilometer östlich von Angermünde.<ref name="nva-88"/><ref>[https://goo.gl/maps/6Om54 Die Empfangsstelle AFZ bei Crussow auf Google Maps] Man kann eindeutig die beiden Gebäude der ehemaligen Zentrale erkennen</ref> | Die eigentliche zentrale Dienststelle des AFZ befand sich in der Empfangsstelle in Crussow, etwa 8 Kilometer östlich von Angermünde.<ref | ||
name="nva-88"/><ref>[https://goo.gl/maps/6Om54 Die Empfangsstelle AFZ bei Crussow auf Google Maps] Man kann eindeutig die beiden Gebäude der ehemaligen | |||
Zentrale erkennen</ref> | |||
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Auch wenn es keine gesicherten Erkenntnisse darüber gibt, könnte die [[Sendestelle Scheuder]], westlich von Dessau, als Reservestandort in Frage kommen. | |||
<!-- Veralteter Text! Ich denke, ich werde diese Daten später entfernen, im Moment bitte als eine Art "Gedächtnisstütze" stehen lassen!!! (tiNG) | <!-- Veralteter Text! Ich denke, ich werde diese Daten später entfernen, im Moment bitte als eine Art "Gedächtnisstütze" stehen lassen!!! (tiNG) | ||
Es gibt keine exakten Daten über den Senderstandort von G03. Bei unterschiedlichen Recherchen im Internet sind jedoch einige Namen zutage gekommen, die als möglicher Senderstandort in Frage kommen. In manchen Internetquellen wird im Zusammenhang mit G03 der Senderstandort Zeesen, ein Ortsteil von Königswusterhausen, erwähnt. Dies scheint aber eine Verwechslung mit dem Senderstandort von [[G08]] zu sein, auf den Detlev Vreisleben in einem ADDX-Kurier aus dem Jahr 2011 eingeht.<ref>[http://www.addx.org/textarchiv/11-12-26-31.pdf "Agentenfunk und die verwendeten Verschlüsselungsverfahren"], aus Radio-Kurier - weltweit hören 12/2011</ref> | Es gibt keine exakten Daten über den Senderstandort von G03. Bei unterschiedlichen Recherchen im Internet sind jedoch einige Namen zutage gekommen, die als | ||
möglicher Senderstandort in Frage kommen. In manchen Internetquellen wird im Zusammenhang mit G03 der Senderstandort Zeesen, ein Ortsteil von | |||
Königswusterhausen, erwähnt. Dies scheint aber eine Verwechslung mit dem Senderstandort von [[G08]] zu sein, auf den Detlev Vreisleben in einem ADDX-Kurier | |||
aus dem Jahr 2011 eingeht.<ref>[http://www.addx.org/textarchiv/11-12-26-31.pdf "Agentenfunk und die verwendeten Verschlüsselungsverfahren"], aus Radio-Kurier | |||
- weltweit hören 12/2011</ref> | |||
====Burg bei Magdeburg==== | ====Burg bei Magdeburg==== | ||
Von hier aus war der [[Deutscher Soldatensender 935|Deutsche Soldatensender 935]] aktiv. Dieser wurde durch den Nationalen Verteidigungsrat der DDR gegründet und versorgte mit seinem Programm nicht nur Westdeutsche Soldaten mit einem Mix aus Musik und Militärpropaganda des Warschauer Pakts. Im Programm des DSS wurden auch verschlüsselte Kurztexte übermittelt, die sich möglicherweise an Agenten der NVA innerhalb der Bundeswehr gerichtet waren. Allerdings ist nicht bekannt, ob aus Burg auch via [[Kurzwelle]] gesendet wurde, denn der DSS war nur auf [[Mittelwelle]] 935 kHz zu hören. | Von hier aus war der [[Deutscher Soldatensender 935|Deutsche Soldatensender 935]] aktiv. Dieser wurde durch den Nationalen Verteidigungsrat der DDR gegründet | ||
und versorgte mit seinem Programm nicht nur Westdeutsche Soldaten mit einem Mix aus Musik und Militärpropaganda des Warschauer Pakts. Im Programm des DSS | |||
wurden auch verschlüsselte Kurztexte übermittelt, die sich möglicherweise an Agenten der NVA innerhalb der Bundeswehr gerichtet waren. Allerdings ist nicht | |||
bekannt, ob aus Burg auch via [[Kurzwelle]] gesendet wurde, denn der DSS war nur auf [[Mittelwelle]] 935 kHz zu hören. | |||
====Dessau==== | ====Dessau==== | ||
Die [[Funksendestelle Scheuder]]<ref>[http://web.archive.org/web/20131227010347/http://www.vogl-dessau.de/Bilder/Au%DFenansicht.JPG Die ehemalige Webiste von OM Hans-Joachim Vogl, DG1HVL, bei ARCHIVE.ORG], abgerufen am am 27.12.2013</ref> bei Dessau wurde im Oktober 1980 festiggestellt<ref>[http://www.sachsenschiene.net/bunker/fnk/fnk_58.htm Die Sendestelle bei sperrgebiet.eu]</ref>. Sie wurde durch das Funkaufklärungsregiment 2 (FuAR-2) der NVA betrieben. Möglicherweise wurde G03 ab 1981 von hier aus gesendet. | Die [[Funksendestelle Scheuder]]<ref>[http://web.archive.org/web/20131227010347/http://www.vogl-dessau.de/Bilder/Au%DFenansicht.JPG Die ehemalige Webiste von | ||
OM Hans-Joachim Vogl, DG1HVL, bei ARCHIVE.ORG], abgerufen am am 27.12.2013</ref> bei Dessau wurde im Oktober 1980 | |||
festiggestellt<ref>[http://www.sachsenschiene.net/bunker/fnk/fnk_58.htm Die Sendestelle bei sperrgebiet.eu]</ref>. Sie wurde durch das | |||
Funkaufklärungsregiment 2 (FuAR-2) der NVA betrieben. Möglicherweise wurde G03 ab 1981 von hier aus gesendet. | |||
====Weitere Standorte==== | ====Weitere Standorte==== | ||
Vor der Nutzung der Sendestellen in Burg und Dessau könnte noch eine andere Sendestelle in Betrieb gewesen sein. Informationen darüber sind aber (noch) nicht bekannt; hier sind die Recherchen noch nicht abgeschlossen. | Vor der Nutzung der Sendestellen in Burg und Dessau könnte noch eine andere Sendestelle in Betrieb gewesen sein. Informationen darüber sind aber (noch) nicht | ||
bekannt; hier sind die Recherchen noch nicht abgeschlossen. | |||
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== Geschichte == | == Geschichte == | ||
Wann genau G03 seinen Betrieb aufnahm ist nicht bekannt. Eine Vorgängervariante von G03 ist seit den 1950er Jahren in entsprechenden Dokumenten aus dem Nachlass der NVA erwähnt. Wie dieser Betrieb ausgesehen hat wird derzeit noch recherchiert. Offenbar ist aber, dass der sogenannte "A3-Funkdienst" schon vor 1960 betrieben wurde. | Wann genau G03 seinen Betrieb aufnahm ist nicht bekannt. Eine Vorgängervariante von G03 ist seit den 1950er Jahren in entsprechenden Dokumenten aus dem | ||
Nachlass der NVA erwähnt. Wie dieser Betrieb ausgesehen hat wird derzeit noch recherchiert. Offenbar ist aber, dass der sogenannte "A3-Funkdienst" schon vor | |||
1960 betrieben wurde. | |||
Die zuletzt bekannte Form begann mit dem typischen Gong-Signal aus acht Tönen (drei davon wurden zweimal verwendet, einmal ab-, einmal aufsteigend, | |||
dazwischen die beiden tiefsten). Der zweittiefste ist übrigens derselbe, mit dem noch heute jede Sendung der [http://www.tagesschau.de Tagesschau im 1. | |||
Deutschen Fernsehen] beginnt. | |||
Dieses Gong-Signal hatte zwei Versionen, von denen die ältere bekannter ist. Die neuere kam Mitte der 80er Jahre, wobei fast alle Töne höher gestimmt waren, | |||
nur der tiefste Ton blieb gleich. Interessanterweise kehrte man aber bei der letzten Sendung zur alten Version zurück. | |||
=== Erstes Log === | === Erstes Log === | ||
Weil der genaue Sendebeginn von G03 nicht bekannt ist gibt es keine exakten Daten über das erste Log. | Weil der genaue Sendebeginn von G03 nicht bekannt ist gibt es keine exakten Daten über das erste Log. | ||
Es existiert allerdings eine Aufzeichnung von 1973 auf der Webseite von Simon Mason,<ref>[http://www.simonmason.karoo.net/page73.html G03 auf der Seite von Simon Mason]</ref> die aus der Anfangszeit von G03 in seiner zuletzt bekannten Form stammen dürfte. | Es existiert allerdings eine Aufzeichnung von 1973 auf der Webseite von Simon Mason,<ref>[http://www.simonmason.karoo.net/page73.html G03 auf der Seite von | ||
Simon Mason]</ref> die aus der Anfangszeit von G03 in seiner zuletzt bekannten Form stammen dürfte. | |||
=== Letztes Log === | === Letztes Log === | ||
Das letzte dokumentierte Log stammt vom 23. Mai 1990. Die Aufzeichnung stammt von Jochen Schäfer und wurde am Abend des besagten Tages um 23:30 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit erstellt. Auf der 3259 kHz war wie gewohnt der Gong aus der ''Ankündigung'' zu hören. Doch anstatt der zackigen Matrone mit ihren Zahlen waren offenbar betrunkene NVA-Offiziere zu hören, die das bekannte Kinderlied ''Alle meine Entchen'' intonierten. Die Sendung (nach dem Gong) im Wortlaut: | Das letzte dokumentierte Log stammt vom 23. Mai 1990. Die Aufzeichnung stammt von Jochen Schäfer und wurde am Abend des besagten Tages um 23:30 Uhr | ||
Mitteleuropäischer Sommerzeit erstellt. Auf der Frequenz 3259 kHz war wie gewohnt der Gong aus der ''Ankündigung'' zu hören. Doch anstatt der zackigen | |||
Matrone mit ihren Zahlen waren offenbar betrunkene NVA-Offiziere zu hören, die das bekannte Kinderlied ''Alle meine Entchen'' intonierten. Die Sendung (nach | |||
dem Gong) im Wortlaut: | |||
::'''Einzelne, männliche Stimme: "''Hier ist die Sendung für das aufgeweckte Kind''"''' | ::'''Einzelne, männliche Stimme: "''Hier ist die Sendung für das aufgeweckte Kind''"''' | ||
::'''Gruppe von Männern: "''Alle meine Entchen schimmen auf dem See, schwimmen auf dem See. Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh.''"''' | ::'''Gruppe von Männern: "''Alle meine Entchen schimmen auf dem See, schwimmen auf dem See. Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh.''"''' | ||
Ob diese Sendung aus Crussow oder aus Berlin stammt ist unbekannt. Es liegt aber nah, dass das Kinderlied in Berlin "eingesungen" und von dort aus direkt auf die Sender gelegt wurde. | Ob diese Sendung aus Crussow oder aus Berlin stammt ist unbekannt. Es liegt aber nah, dass das Kinderlied in Berlin "eingesungen" und von dort aus direkt auf | ||
die Sender gelegt wurde. | |||
Es gibt weitere Bestätigungen zu diesem Datum im Internet, unter anderem im | |||
NVA-Forum.<ref>[http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?showtopic=14264&st=40&hl=standardmeldungen+im+rundfunk# Die angeblich letzte Sendung des | |||
Bereiches Aufklärung] in NVA-Forum, Beitrag vom 2. März 2010, abgerufen am 25.05.2015</ref> | |||
====Alle meine Entchen==== | ====Alle meine Entchen==== | ||
Das Anstimmen des Kinderliedes ''Alle meine Entchen'' kann eine reine Laune des Personals der Sendesteuerung bzw. Verantwortlichen von G03 gewesen sein. Es erscheint aber wahrscheinlich, dass dies eine "scharfe" Nachricht an alle Agenten im Einsatz war. Dabei dient das Lied selbst als einfache Analogie mit den Befehlen an die Feldagenten: | Das Anstimmen des Kinderliedes ''Alle meine Entchen'' kann eine reine Laune des Personals der Sendesteuerung bzw. Verantwortlichen von G03 gewesen sein. Es | ||
erscheint aber wahrscheinlich, dass dies eine "scharfe" Nachricht an alle Agenten im Einsatz war. Dabei dient das Lied selbst als einfache Analogie mit den | |||
Befehlen an die Feldagenten: | |||
{|class="wikitable" | | {|class="wikitable" | | ||
Zeile 122: | Zeile 240: | ||
|} | |} | ||
Ob es sich hierbei tatsächlich um eine echte Nachricht handelt bleibt nach wie vor Spekulation und kann nicht belegt werden. Ganz abwegig ist die These jedoch nicht.<ref Name="funkempfang"/> | Ob es sich hierbei tatsächlich um eine echte Nachricht handelt bleibt nach wie vor Spekulation und kann nicht belegt werden. Ganz abwegig ist die These | ||
jedoch nicht.<ref Name="funkempfang"/> | |||
== Format == | == Format == | ||
Zeile 140: | Zeile 260: | ||
|| '''Nr.''' || '''Einleitung''' || '''Text''' || '''Wiederholung''' || '''Ende''' || | || '''Nr.''' || '''Einleitung''' || '''Text''' || '''Wiederholung''' || '''Ende''' || | ||
|- | |- | ||
| 1. ||ACHTUNG a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>-gg<br/>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>-gg<br/>ACHTUNG | | 1. ||ACHTUNG | ||
a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>-gg<br/>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>a<sub>1</sub>-gg<br/>ACHTUNG | |||
|FFFFF | |FFFFF | ||
|entfällt | |entfällt | ||
Zeile 146: | Zeile 268: | ||
| | | | ||
|- | |- | ||
| 2. || ACHTUNG a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>-gg<br/>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>-gg<br/>ACHTUNG | | 2. || ACHTUNG | ||
a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>-gg<br/>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>a<sub>2</sub>-gg<br/>ACHTUNG | |||
|FFFFF | |FFFFF | ||
|entfällt | |entfällt | ||
Zeile 152: | Zeile 276: | ||
| | | | ||
|- | |- | ||
| X. ||ACHTUNG a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>-gg<br/>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>-gg<br/>ACHTUNG | | X. ||ACHTUNG | ||
a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>-gg<br/>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>a<sub>x</sub>-gg<br/>ACHTUNG | |||
|FFFFF | |FFFFF | ||
|entfällt | |entfällt | ||
Zeile 178: | Zeile 304: | ||
* <sup>(1)</sup>: Die Länge der Wiederholung richtete sich nach der Anzahl der in einer Sendung zu versorgenden Agenten. | * <sup>(1)</sup>: Die Länge der Wiederholung richtete sich nach der Anzahl der in einer Sendung zu versorgenden Agenten. | ||
Dabei bedeutet jeder aufgeführte einzelne Agent eine Wiederholungszeit der Präambel von 0:30. Daraus folgt, dass die Präambel bei zwei Agenten eine Minute dauert, bei drei Agenten anderthalb Minuten, bei vier Agenten dauert die Präambel zwei Minuten usw. Dies sind eigene Beobachtungen des Autors! Andere Quellen gehen von einer immer gleichen Anzahl von Durchläufen der AGL aus, unabhängig von der Anzahl der Agenten. Simon Mason nennt fünf Wiederholungen, basierend auf den Notizen von Langley Pierce. Auf der Portraitseite von G03 bei Priyom wird allerdings behauptet, dass der Gong als Ankündigungssignal nur fünf Minuten gespielt wurde und die AGL selbst auch fünf Minuten gedauert habe. Beides kann als falsch bezeichnet werden. | Dabei bedeutet jeder aufgeführte einzelne Agent eine Wiederholungszeit der Präambel von 0:30. Daraus folgt, dass die Präambel bei zwei Agenten eine Minute | ||
dauert, bei drei Agenten anderthalb Minuten, bei vier Agenten dauert die Präambel zwei Minuten usw. Dies sind eigene Beobachtungen des Autors! Andere Quellen | |||
gehen von einer immer gleichen Anzahl von Durchläufen der AGL aus, unabhängig von der Anzahl der Agenten. Simon Mason nennt fünf Wiederholungen, basierend | |||
auf den Notizen von Langley Pierce. Auf der Portraitseite von G03 bei Priyom wird allerdings behauptet, dass der Gong als Ankündigungssignal nur fünf Minuten | |||
gespielt wurde und die AGL selbst auch fünf Minuten gedauert habe. Beides kann als falsch bezeichnet werden. | |||
=== Sprache und Stimme === | === Sprache und Stimme === | ||
Die weibliche Stimme war digital aufgezeichnet, in den Anfängen von G03 | Die weibliche Stimme war digital aufgezeichnet, lediglich in den Anfängen von G03 sicherlich live gesprochen. Die Aussprache war zackig, kam einem Befehlston | ||
sehr nah. Dabei waren einige Zahlen äußerst charakteristisch in der Aussprache: | |||
* die 2 wurde ZWO mit einem sehr kurzen O ausgesprochen ("Zwo!") | * die 2 wurde ZWO mit einem sehr kurzen O ausgesprochen ("Zwo!") | ||
* die 4 klang wie "FIRR" | * die 4 klang wie "FIRR" | ||
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* die 0 war in der Stimmlage etwas tiefer als die übrigen Zahlen und war im Vergleich eher gedehnt ("NUHL"). | * die 0 war in der Stimmlage etwas tiefer als die übrigen Zahlen und war im Vergleich eher gedehnt ("NUHL"). | ||
Die Aussprache von "Trennung" mit stark rollendem "R" oder das überbetonte "R" in der Ziffer 4 bei der insgesamt staccatoartigen Aussprache deuten am ehesten | Die Aussprache von "Trennung" mit stark rollendem "R" oder das überbetonte "R" in der Ziffer 4 bei der insgesamt staccatoartigen Aussprache deuten am ehesten | ||
Ab Mitte der 80er Jahre wurde die Stimme für | auf eine Sprecherin mit tschechischen Sprachwurzeln hin. Möglich erscheint auch eine Person aus dem ungarischen Sprachraum. Klare Erkenntnisse über die | ||
ursprüngliche Stimme von G03 sind aber bislang noch nirgendwo aufzufinden gewesen. | |||
Ab Mitte der 80er Jahre wurde die Stimme für zwei weitere Zahlensender verwendet: [[G20]] und [[G04]]. Letztere Station wurde vom ungarischen Geheimdienst | |||
betrieben. | |||
<!-- | <!-- | ||
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== Sendeplan == | == Sendeplan == | ||
G03 arbeitete wie [[G08]] täglich nach einem festen Sendeplan. Sendungen konnten zur vollen oder zur halben Stunde beginnen, jeweils zehn Minuten vorher durch das Gong-Signal angekündigt. Bekannt sind | G03 arbeitete wie auch [[G08]] täglich nach einem festen Sendeplan. Sendungen konnten zur vollen oder zur halben Stunde beginnen, jeweils zehn Minuten vorher | ||
durch das Gong-Signal angekündigt. Bekannt sind drei Frequenzen von G03, die wie folgt genutzt wurden: | |||
{| class="wikitable" | | {| class="wikitable" | | ||
Zeile 316: | Zeile 460: | ||
* (1): Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse über diesen Slot vor, aber viele Hinweise im Internet deuten auf eine Sendung zu dieser Uhrzeit hin. | * (1): Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse über diesen Slot vor, aber viele Hinweise im Internet deuten auf eine Sendung zu dieser Uhrzeit hin. | ||
Alle Zeitangaben bezeichnen die [[gesetzliche Zeit]] in Deutschland, da G03 den Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit | Alle Zeitangaben bezeichnen die [[gesetzliche Zeit]] in Deutschland, da G03 den Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit vollzog. | ||
<!--== Anomalien == | <!--== Anomalien == | ||
... | ... | ||
''Die Beurteilung der Planmäßigkeit kommt wenn dann überhaupt in den Sendeplan. Hier werden maximal die (groben) Abweichungen eingepflegt -> Unpünktlichkeiten?'' | ''Die Beurteilung der Planmäßigkeit kommt wenn dann überhaupt in den Sendeplan. Hier werden maximal die (groben) Abweichungen eingepflegt -> | ||
Unpünktlichkeiten?'' | |||
=== Fehlerhafte Sendungen === | === Fehlerhafte Sendungen === | ||
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=== Störungen und Interferenzen === | === Störungen und Interferenzen === | ||
Hier gehören auf alle Fälle die Störungen der 6410 kHz im Frequenzbereich des mobilen Seefunks mit rein -> In fast allen Sendungen von G03 ist auf der 6410 im Hintergrund die Morse-Schleife von GKC, Portishead Radio, zu hören. | Hier gehören auf alle Fälle die Störungen der 6410 kHz im Frequenzbereich des mobilen Seefunks mit rein -> In fast allen Sendungen von G03 ist auf der 6410 | ||
im Hintergrund die Morse-Schleife von GKC, Portishead Radio, zu hören. | |||
--> | --> | ||
== Tondokumente == | == Tondokumente == | ||
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<!-- | <!-- | ||
Weitere mögliche Quellen: | Weitere mögliche Quellen: | ||
* NVA-Forum - NVA-Forum :: andere bewaffnete Organe der DDR (Kampfgruppen, MfS, Zoll, MdI) :: Ministerium für Staatssicherheit (MfS) - Hauptabteilung III, Aufgabe der Fernmeldeaufklärung: http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?s=5173f8ce3c0fa6e0d47581a23490ce4f&showtopic=8975&hl=zahlensender | * NVA-Forum - NVA-Forum :: andere bewaffnete Organe der DDR (Kampfgruppen, MfS, Zoll, MdI) :: Ministerium für Staatssicherheit (MfS) - Hauptabteilung III, | ||
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Version vom 4. Juni 2015, 18:40 Uhr
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Der Sender G03 war ein Zahlensender, der auch unter dem Spitznamen Gong Station bzw. Chimes Station bekannt wurde. Er wurde durch das
Ministerium für Nationale Verteidigung betrieben. Die Hauptaufgabe des Militärgeheimdienstes der DDR war die "Verhinderung der Überraschung durch den
Gegner".[1] Dazu hatte der Militärgeheimdienst viele Agenten ins Umfeld, in die
Bundeswehr sowie die NATO eingeschleust.
G03 ist einer der bekanntesten Zahlensender und war mehr als 20 Jahre in seiner zuletzt bekannten Form auf der Kurzwelle aktiv.
Eckdaten
Klassifizierung
Der Sender G03 ist durch die E2K-Gruppe aufgrund der Sprache (G = German) klassifiziert und wird der sogenannten Family XVII
zugeordnet.
Betreiber
Betrieben wurde der Sender durch den Militärnachrichtendienst der Nationalen Volksarmee der DDR. Dieser Nachrichtendienst unterstand dem Stellvertreter des
Ministers und Chef des Hauptstabes des Ministeriums für Nationale Verteidigung (MfNV). Die Truppenaufklärung war im MfNV unter der Bezeichnung "Verwaltung
Aufklärung" personell und organisatorisch vom militärischen Nachrichtendienst der NVA bis zum Jahre 1964 getrennt. Bis dahin gab es einen Chef Aufklärung im
Hauptstab des MfNV und einen Chef der 12. Verwaltung. Die 12. Verwaltung und die Verwaltung Aufklärung wurden am 1. September 1964 zusammengefasst. Der Chef
der neuen Verwaltung Aufklärung war von nun an in Personalunion Chef Aufklärung des Ministeriums für Nationale
Verteidigung.[2]
Diese gliederte sich im Jahre 1988 in die vier Organisationselemente "Stab", "Agenturische Aufklärung", "Strategische Aufklärung" und "Operativ-Taktische
Aufklärung". Dabei war das Organisationselement "Agenturische Aufklärung" zuständig für die Führung der Agenten und zeichnete daher für den Betrieb von G03
verantwortlich.
Senderstandorte
Der Bereich Aufklärung (BA) der NVA verfügte über insgesamt vier Sendestellen: Bernau (ab ca. 1961 außer Betrieb), Angermünde (TX: Senftenhütte, RX: Crussow,
ab etwa 1961 in Betrieb), Dahlwitz-Hoppegarten (interne Bezeichnung "137") und Scheuder (westlich von Dessau).
Es gilt als gesichert, dass die ersten Sendungen von G03 bzw. dessen unmittelbarem Vorgänger von einem Gelände in Bernau oder näherem Umland stammten.[3][4] Ab etwa 1961 kamen die Sendungen aus einem Waldstück bei Senftenhütte (Gemeinde Chorin) in
Brandenburg.[3][5][6][7][8] Der Ort liegt etwa 20 Kilometer südwestlich von Angermünde.
Dieser Standort war eine der beiden Stellen des Funkamtes der NVA, im internen Sprachgebrauch der NVA auch als Agenturisches Funkzentrum (AFZ)
bezeichnet. Das Funkamt selbst hatte seinen Sitz in der Grunowstraße in Dahlwitz-Hoppegarten.[6][9] Von hier aus wurde der Sender in Senftenhütte unter Mitwirken des Personals in der dazugehörigen
Empfangsstelle in Crussow fernbedient. Ausgestattet war die Sendestelle mit 9 Sendern des Typs KN5-E (5 kW Leistung) und weiteren vier Sendern Typ KN20-E (20
kW Leistung). Es ist aktuell nicht bekannt, welche Antennen zum Einsatz kamen.
In Dahlwitz-Hoppegarten, direkt an der nordöstlichen Grenze zwischen Berlin und Brandenburg, gab es noch eine weitere Sendestelle. Diese trug die interne
Bezeichnung "137" und war bis Mitte der 1980er Jahre in Betrieb.[7] Danach wurde sie umfangreich modernisiert. Allerdings ist nicht davon
auszugehen, dass die Sendungen von G03 aus dieser Sendestelle kamen. Die "137" stand in direkter Verbindung mit der BSt-4 in [[Sendestelle
Scheuder|Scheuder]], welche die Aufgaben von "137" während der dortigen Arbeiten übernahm. Die Ausstattung der "137" bestand aus ungefähr fünf Sendern KN1E
(1 kW). Näheres ist nicht bekannt.
Die eigentliche zentrale Dienststelle des AFZ befand sich in der Empfangsstelle in Crussow, etwa 8 Kilometer östlich von Angermünde.[6][10]
Auch wenn es keine gesicherten Erkenntnisse darüber gibt, könnte die Sendestelle Scheuder, westlich von Dessau, als Reservestandort in Frage kommen.
Geschichte
Wann genau G03 seinen Betrieb aufnahm ist nicht bekannt. Eine Vorgängervariante von G03 ist seit den 1950er Jahren in entsprechenden Dokumenten aus dem
Nachlass der NVA erwähnt. Wie dieser Betrieb ausgesehen hat wird derzeit noch recherchiert. Offenbar ist aber, dass der sogenannte "A3-Funkdienst" schon vor
1960 betrieben wurde.
Die zuletzt bekannte Form begann mit dem typischen Gong-Signal aus acht Tönen (drei davon wurden zweimal verwendet, einmal ab-, einmal aufsteigend,
dazwischen die beiden tiefsten). Der zweittiefste ist übrigens derselbe, mit dem noch heute jede Sendung der [http://www.tagesschau.de Tagesschau im 1.
Deutschen Fernsehen] beginnt.
Dieses Gong-Signal hatte zwei Versionen, von denen die ältere bekannter ist. Die neuere kam Mitte der 80er Jahre, wobei fast alle Töne höher gestimmt waren,
nur der tiefste Ton blieb gleich. Interessanterweise kehrte man aber bei der letzten Sendung zur alten Version zurück.
Erstes Log
Weil der genaue Sendebeginn von G03 nicht bekannt ist gibt es keine exakten Daten über das erste Log.
Es existiert allerdings eine Aufzeichnung von 1973 auf der Webseite von Simon Mason,[11] die aus der Anfangszeit von G03 in seiner zuletzt bekannten Form stammen dürfte.
Letztes Log
Das letzte dokumentierte Log stammt vom 23. Mai 1990. Die Aufzeichnung stammt von Jochen Schäfer und wurde am Abend des besagten Tages um 23:30 Uhr
Mitteleuropäischer Sommerzeit erstellt. Auf der Frequenz 3259 kHz war wie gewohnt der Gong aus der Ankündigung zu hören. Doch anstatt der zackigen
Matrone mit ihren Zahlen waren offenbar betrunkene NVA-Offiziere zu hören, die das bekannte Kinderlied Alle meine Entchen intonierten. Die Sendung (nach
dem Gong) im Wortlaut:
- Einzelne, männliche Stimme: "Hier ist die Sendung für das aufgeweckte Kind"
- Gruppe von Männern: "Alle meine Entchen schimmen auf dem See, schwimmen auf dem See. Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh."
Ob diese Sendung aus Crussow oder aus Berlin stammt ist unbekannt. Es liegt aber nah, dass das Kinderlied in Berlin "eingesungen" und von dort aus direkt auf
die Sender gelegt wurde.
Es gibt weitere Bestätigungen zu diesem Datum im Internet, unter anderem im
NVA-Forum.[12]
Alle meine Entchen
Das Anstimmen des Kinderliedes Alle meine Entchen kann eine reine Laune des Personals der Sendesteuerung bzw. Verantwortlichen von G03 gewesen sein. Es
erscheint aber wahrscheinlich, dass dies eine "scharfe" Nachricht an alle Agenten im Einsatz war. Dabei dient das Lied selbst als einfache Analogie mit den
Befehlen an die Feldagenten:
Kindervers | Bedeutung |
Alle meine Entchen | An alle Agenten |
schwimmen auf dem See | Egal wo Ihr gerade seid |
Köpfchen in das Wasser | Taucht ab |
Schwänzchen in die Höh | Ändert Eure Identität |
Ob es sich hierbei tatsächlich um eine echte Nachricht handelt bleibt nach wie vor Spekulation und kann nicht belegt werden. Ganz abwegig ist die These
jedoch nicht.[3]
Format
Format:G03 | Siehe auch Format von Zahlensendungen | ||||||
Erkennungssignal | Präambel | Sendung | Ende der Sendung | ||||
Gongsignal 10 Minuten vor Sendungsbeginn |
Mit Message | ||||||
ACHTUNG a1a1a1a1a1-gg a2a2a2a2a2-gg |
Nr. | Einleitung | Text | Wiederholung | Ende | ||
1. | ACHTUNG
a1a1a1a1a1-gg |
FFFFF | entfällt | ENDE | |||
2. | ACHTUNG
a2a2a2a2a2-gg |
FFFFF | entfällt | ENDE | |||
X. | ACHTUNG
axaxaxaxax-gg |
FFFFF | entfällt | ENDE | Gong 1x gesendet |
Legende / Datenformate:
- iii / iiiii = ID in der Präambel, 3- / 5-stellig
- BB = Buchstaben-ID (nur bei E16/G16)
- aaa / aaaaa = "Agent" in der Präambel bzw. Einleitung, 3- / 5-stellig
- ddd / dddd / ddddd = „Decodekey“ in der Präambel bzw. Einleitung, 3-/4-/5-stellig
- R = Wiederholung (allgemein), R4m = Wiederholung für vier Minuten
- ggg = Gruppenzahlangabe, ein- bis dreistellig
- tt = Minutenangabe, zu der die Nachricht für diesen Agenten beginnt (nur bei G08)
- - = Trennzeichen, bei G03/G08 "Trennung"
- / = Trennzeichen, bei: G11 "Strich", E11/a "Oblique", S11 "Kreska", S11a "Cherta"
- fffff = Nachrichtentext, fünfstellige Zahlengruppe, einmal gesendet
- FFFFF = Nachrichtentext, fünfstellige Zahlengruppe, zweimal direkt hintereinander gesendet
- lllll = Nachrichtentext, fünfstellige Buchstabengruppe, einmal gesendet
- LLLLL = Nachrichtentext, fünfstellige Buchstabengruppe, zweimal direkt hintereinander gesendet
- nnn / nnnnn = Ende-Null, drei- oder fünfstellig, einmal gesendet
- NNN / NNNNN = Ende-Null, drei- oder fünfstellig, zweimal direkt hintereinander gesendet
Anmerkungen:
- (1): Die Länge der Wiederholung richtete sich nach der Anzahl der in einer Sendung zu versorgenden Agenten.
Dabei bedeutet jeder aufgeführte einzelne Agent eine Wiederholungszeit der Präambel von 0:30. Daraus folgt, dass die Präambel bei zwei Agenten eine Minute
dauert, bei drei Agenten anderthalb Minuten, bei vier Agenten dauert die Präambel zwei Minuten usw. Dies sind eigene Beobachtungen des Autors! Andere Quellen
gehen von einer immer gleichen Anzahl von Durchläufen der AGL aus, unabhängig von der Anzahl der Agenten. Simon Mason nennt fünf Wiederholungen, basierend
auf den Notizen von Langley Pierce. Auf der Portraitseite von G03 bei Priyom wird allerdings behauptet, dass der Gong als Ankündigungssignal nur fünf Minuten
gespielt wurde und die AGL selbst auch fünf Minuten gedauert habe. Beides kann als falsch bezeichnet werden.
Sprache und Stimme
Die weibliche Stimme war digital aufgezeichnet, lediglich in den Anfängen von G03 sicherlich live gesprochen. Die Aussprache war zackig, kam einem Befehlston
sehr nah. Dabei waren einige Zahlen äußerst charakteristisch in der Aussprache:
- die 2 wurde ZWO mit einem sehr kurzen O ausgesprochen ("Zwo!")
- die 4 klang wie "FIRR"
- die 8 war so kurz und zackig gesprochen, dass sie wie "AKT" klang
- die 9 wurde nicht "NEUEN" sondern ganz normal "NEUN" auspesprochen
- die 0 war in der Stimmlage etwas tiefer als die übrigen Zahlen und war im Vergleich eher gedehnt ("NUHL").
Die Aussprache von "Trennung" mit stark rollendem "R" oder das überbetonte "R" in der Ziffer 4 bei der insgesamt staccatoartigen Aussprache deuten am ehesten
auf eine Sprecherin mit tschechischen Sprachwurzeln hin. Möglich erscheint auch eine Person aus dem ungarischen Sprachraum. Klare Erkenntnisse über die
ursprüngliche Stimme von G03 sind aber bislang noch nirgendwo aufzufinden gewesen.
Ab Mitte der 80er Jahre wurde die Stimme für zwei weitere Zahlensender verwendet: G20 und G04. Letztere Station wurde vom ungarischen Geheimdienst
betrieben.
Sendeplan
G03 arbeitete wie auch G08 täglich nach einem festen Sendeplan. Sendungen konnten zur vollen oder zur halben Stunde beginnen, jeweils zehn Minuten vorher
durch das Gong-Signal angekündigt. Bekannt sind drei Frequenzen von G03, die wie folgt genutzt wurden:
Zeit GZ |
3258 kHz | 5410 kHz | 6410 kHz |
0900: | X
|
||
1000: | X
|
||
1030: | X
| ||
1100: | X
|
||
1130: | X
|
X
| |
1300: | X
| ||
1400: | X
|
||
1500: | ?(1)
|
||
1600: | X
|
||
1700: | X
|
||
1800: | X
|
||
1830: | X
|
||
1900: | X
|
||
1930: | X
|
||
2000: | X
|
||
2030: | X
|
||
2100: | X
| ||
2200: | X
|
||
2230: | X
|
X
|
|
2300: | X
|
||
2330: | X
|
Anmerkungen:
- (1): Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse über diesen Slot vor, aber viele Hinweise im Internet deuten auf eine Sendung zu dieser Uhrzeit hin.
Alle Zeitangaben bezeichnen die gesetzliche Zeit in Deutschland, da G03 den Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit vollzog.
Tondokumente
Aus technischen Gründen sind noch keine Tondokumente verfügbar, werden jedoch umgehend nachgereicht.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bodo Wegman: [http://www.nva-forum.de/projekte/download/A20040101_wegmann.pdf Der Beitrag der Militäraufklärung der DDR - Überraschung und Trauma]. In: NVA-Forum.de. 2004, abgerufen am 26. Dezember 2013 (PDF; 258 kB).
- ↑ [http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/DVW1-21918/index.htm Das Bundesarchiv, Ministerium für Nationale Verteidigung/Teilbestand Verwaltung Aufklärung, Aufgaben, Organisation], Koblenz 2005
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Funkempfang Heft 11/2007 Seite 6 bis 8.
- ↑ [http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?showtopic=5768&hl=number+stations# NVA-Forum: Nennung von zwei Zahlensender-Standorten in der ehemaligen DDR (26.November 2008)], abgerufen 19.05.2015
- ↑ [http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?showtopic=5768&hl=number+stations# NVA-Forum: Nennung von zwei Zahlensender-Standorten in der ehemaligen DDR (26.November 2008)], abgerufen 19.05.2015
- ↑ 6,0 6,1 6,2 [http://www.relikte.com/_basis/docs/nva-2.pdf NVA-88] 2. Ausgabe Dezember 2014
- ↑ 7,0 7,1 [http://www.militaermuseum-anhalt.de/index.php?option=com_content&view=article&id=82:funksendestelle-scheuder&catid=59:geschichtliches&Itemid=6 7 Funksendestelle Scheuder in der NVA-Militäraufklärung], abgerufen am 19.05.2015
- ↑ Die Sendestelle bei Google Maps - Man kann noch das Senderhaus sehen, Antennen stehen jedoch keine mehr
- ↑ [https://goo.gl/maps/G7aTA Die Liegenschaft Dahlwitz-Hoppegarten bei Google-Maps]
- ↑ Die Empfangsstelle AFZ bei Crussow auf Google Maps Man kann eindeutig die beiden Gebäude der ehemaligen Zentrale erkennen
- ↑ [http://www.simonmason.karoo.net/page73.html G03 auf der Seite von Simon Mason]
- ↑ [http://www.nva-forum.de/nva-board/index.php?showtopic=14264&st=40&hl=standardmeldungen+im+rundfunk# Die angeblich letzte Sendung des Bereiches Aufklärung] in NVA-Forum, Beitrag vom 2. März 2010, abgerufen am 25.05.2015
Quellen
- G03 auf der Homepage von Simon Mason
- G03 bei PRIYOM.ORG
- E2K- und ENIGMA-Newsletter, verschiedene Ausgaben
Besonderer Dank
Mein besonderer Dank geht an OM Thorsten (Citizen5, kein Mitglied von UTDX), der mir einen enormen Teil der Recherchearbeit abgenommen und sich mit diversen
Geschichtsquellen auseinandergesetzt hat.