TS Mainflingen

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TS Mainflingen
Spitzname: keiner
DCF77 in Mainflingen
Frequenz 77,5 kHz
Senderstandort Mainflingen bei Frankfurt
Lage und Reichweite des Senders

Die Station TS Mainflingen, Rufzeichen DCF77, ist der Langwellen-Zeitzeichensender der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Er ist Teil der Sendeanlagen in Mainflingen, die seit 2007 durch Media Broadcast betrieben werden. Die Sendefrequenz ist 77,5 kHz.

Seine im Sekundenrhythmus gesendeten Zeitzeichen übertragen die mitteleuropäische Zeit bzw. mitteleuropäische Sommerzeit, aber im Gegensatz zu anderen Zeitzeichensendern nicht dUT1, die Differenz zwischen Erdrotationszeit und Atomzeit.[1] Andere bekannte Zeitdienste sind MSF in England (60 kHz), France Inter in Frankreich (162 kHz), sowie die Sendergruppen RWM in Russland, WWV, WWVB, WWVH in den USA und bis 2011 HBG in der Schweiz (75 kHz).

Allgemein

Der Sender steht in Mainflingen bei Frankfurt am Main und arbeitet auf der Frequenz 77,5 kHz mit einer Leistung von 50 kW. Die Sendemasten sind von der A 3 und der A 45 am Seligenstädter Dreieck zu sehen.

Über DCF77 sendet die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig seit 1959 eine Normalfrequenz und seit 1973 zusätzlich dazu ein Datensignal für Datum und Uhrzeit. Die PTB ist hierzu im Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung verpflichtet. Betrieben werden die Anlagen in Mainflingen durch die Media Broadcast GmbH, die aus einer ehemaligen Untergesellschaft von T-Systems hervorging und seit Januar 2008 dem französischen Sendernetzbetreiber TDF gehört.

Als Basis zur Erzeugung des Zeitsignals dient am Senderstandort eine von der PTB entwickelte Steuereinrichtung mit drei kommerziellen (etwas weniger aufwändigen) Atomuhren. Diese Steuereinrichtung wird mit den primären Atomuhren der PTB in Braunschweig (zwei Caesium-Uhren und zwei Caesium-Fontänen) synchronisiert.[2][3] Das so gewonnene Signal hat am Sendeort als Genauigkeit eine relative Standardabweichung von maximal 10−12. Das entspricht einem Fehler von einer Sekunde in etwa 30.000 Jahren.

Rufzeichen

Die Bezeichnung DCF77 ist das Rufzeichen der Internationalen Frequenzliste des IFRB. Es leitet sich ab von D für Deutschland, C für Langwellensender, F wegen der Nähe zu Frankfurt, sowie der Zahl 77 für die Trägerfrequenz 77,5 kHz.

Auch das Rufzeichen „DCF77“ wurde früher vom DCF77-Sender gesendet, und zwar (je zweimal nacheinander) dreimal stündlich als Morsecode während der 20. bis 32. Sekunde der Minuten 19, 39 und 59. Obwohl die Rufzeichenerzeugung elektronisch ohne Unterbrechung der Zeitmarkenfolge erfolgte, bewirkte ihre Aussendung eine Verschlechterung des Signal-zu-Rausch-Abstands der entsprechenden Sekundenmarken. Da aufgrund der speziellen Signalform der DCF77-Signale eine eindeutige Zuordnung dieser Signale zum Sender DCF77 immer möglich ist, wird in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Vollzugsordnung für den Funkdienst seit 2004 auf die Aussendung des Rufzeichens verzichtet.[4]

Empfangsgebiet

Das DCF77-Signal ist – abhängig von der Tages- und Jahreszeit – bis zu einer Entfernung von etwa 2000 km zu empfangen. Zu bestimmten Zeiten ist die Reichweite von Langwellen allerdings noch viel höher. Es sind Fälle bekannt, in denen sich Uhren sogar in Kanada und auf den Malediven synchronisiert haben.[5]

Rechtliche Bedeutung

Im Zeitgesetz von 1978 wird die Physikalisch-Technische Bundesanstalt mit der Verbreitung der gesetzlichen Zeit in Deutschland beauftragt. Vorher wurde diese Aufgabe vom Deutschen Hydrographischen Institut (DHI) wahrgenommen. Die über DCF77 verbreitete Zeitinformation stellt also die offizielle Zeit der Bundesrepublik Deutschland dar.

Signal

Das Trägersignal von 77,5 kHz ist in Frequenz und Phasenlage mit der steuernden primären Atomuhr synchronisiert und besitzt deshalb nur geringe Abweichungen von der Sollfrequenz. Über einen Tag sind dies weniger als relativ 2 · 10−12, im Mittel über 100 Tage um weniger als relativ 2 · 10−13. Es kann somit auch ohne Auswertung der Zeitinformation als Eichfrequenz für sehr genaue Hoch- und Niederfrequenzgeneratoren benutzt werden.

Ein Problem entsteht, wenn starker Wind die T-Antenne bewegt. Das äußert sich in einer messbaren Phasenverschiebung des empfangenen Signals. Bei sehr starkem Sturm und dadurch stark bewegter Antenne, was zu einer Fehlanpassung der Antenne führt, muss der Sender vorübergehend außer Betrieb genommen werden.

Der Sender erzeugt eine nominelle Leistung von 50 kW, wovon etwa 30 bis 35 kW über die Antenne abgestrahlt werden.

Im Bereich bis etwa 600 km ist das Signal als Bodenwelle zu empfangen. Ab etwa 1100 km überwiegt der Raumwellenanteil. Im Abstand von 600 km bis 1100 km vom Sender kann es gelegentlich bei gleichen Feldstärken von Boden- und Raumwelle zur Auslöschung des Signals kommen (Fading von 15 min Dauer und mehr). Die Sollreichweite beträgt 2000 km (vgl. Empfangsgebiet).

Zeitinformation

Amplitudenmodulierte Sendeleistung von DCF77 als Funktion der Zeit

Die Zeitinformationen werden als digitales Signal zusätzlich zur Normalfrequenz (der Trägerfrequenz des Senders, also 77,5 kHz) übertragen. Das geschieht durch negative Modulation des Signals (Absenken der Trägeramplitude auf etwa 15 %) im Sekundentakt.

Der Beginn der Absenkung liegt jeweils auf dem Beginn der Sekunden 0 bis 58 innerhalb einer Minute. In der letzten Sekunde erfolgt keine Absenkung, wodurch die nachfolgende Sekundenmarke den Beginn einer Minute kennzeichnet und der Empfänger synchronisiert werden kann. Die Länge der Amplitudenabsenkungen am Beginn der Sekunden steht jeweils für den Wert eines binären Zeichens: 100 ms Absenkung stehen für den Wert „0“, 200 ms für „1“. Damit stehen innerhalb einer Minute 59 Bit für Informationen zur Verfügung.

Die Bits, deren Zählung bei 0 beginnt, werden wie folgt verwendet:

Bit Bedeutung der Werte
0 Start einer neuen Minute (ist immer „0“)
1–14 bis Mai 1977: Differenz UT1−UTC als vorzeichenbehaftete Zahl

bis November 2006: Betriebsinformationen der PTB (meist alle 14 Bits null)

seit Ende 2006: Wetterinformationen der Firma MeteoTime[6] sowie Informationen des Katastrophenschutzes

Die Sekundenmarken 15 bis 19 enthalten Informationen über Unregelmäßigkeiten des Senderbetriebs (Rufbit zum Alarmieren der PTB-Mitarbeiter), über die Zeitzone und kündigen Beginn und Ende der Sommerzeit sowie Schaltsekunden an:

Bit Bedeutung der Werte
15 Rufbit (bis Mitte 2003: Reserveantenne)
16 „1“: Am Ende dieser Stunde wird MEZ/MESZ umgestellt.
17 „0“: MEZ, „1“: MESZ
18 „0“: MESZ, „1“: MEZ
19 „1“: Am Ende dieser Stunde wird eine Schaltsekunde eingefügt.

Von der 20. bis zur 58. Sekunde wird die Zeitinformation für die jeweils nachfolgende Minute seriell in Form von BCD-Zahlen übertragen, wobei jeweils mit dem niederwertigsten Bit begonnen wird. Zur Absicherung der Daten werden Paritätsbits verwendet, hierbei handelt es sich um eine gerade Parität. Die Kodierung des Wochentages erfolgt gemäß der Norm ISO 8601 oder DIN EN 28601, wonach der Montag der Tag eins (binär 001) einer Woche ist und der Sonntag der Tag sieben (binär 111).

Bit Bedeutung
20 Beginn der Zeitinformation (ist immer „1“)
21 Minute
(Einer)
Bit für 1
22 Bit für 2
23 Bit für 4
24 Bit für 8
25 Minute
(Zehner)
Bit für 10
26 Bit für 20
27 Bit für 40
28 Parität Minute
29 Stunde
(Einer)
Bit für 1
30 Bit für 2
31 Bit für 4
32 Bit für 8
33 Stunde
(Zehner)
Bit für 10
34 Bit für 20
35 Parität Stunde
36 Kalendertag
(Einer)
Bit für 1
37 Bit für 2
38 Bit für 4
39 Bit für 8
40 Kalendertag
(Zehner)
Bit für 10
41 Bit für 20
42 Wochentag Bit für 1
43 Bit für 2
44 Bit für 4
45 Monatsnummer
(Einer)
Bit für 1
46 Bit für 2
47 Bit für 4
48 Bit für 8
49 Monatsnummer
(Zehner)
Bit für 10
50 Jahr
(Einer)
Bit für 1
51 Bit für 2
52 Bit für 4
53 Bit für 8
54 Jahr
(Zehner)
Bit für 10
55 Bit für 20
56 Bit für 40
57 Bit für 80
58 Parität Datum
59 keine Sekundenmarke

Um zumindest eine korrekte Uhrzeit zu erhalten, bedeutet dies für den Anwender einer Funkuhr, dass der Empfang mindestens knapp über 38 Sekunden laufen muss. Von dieser Zeitspanne sind zwei Sekunden (58. Sekunde sowie die Lücke der 59. Sekunde) nötig, damit sich der Empfänger auf den Anfang der neuen Minute synchronisieren kann, sowie 36 Sekunden zum Empfang des Zeittelegramms inklusive des Paritätsbits. Spätestens nach 120 Sekunden störungsfreien Empfangs hätte die Uhr aber alle nötigen Informationen zur Verfügung.

Die übertragenen Paritätsbits erlauben nur eine Fehlererkennung der empfangenen Information, keine Fehlerkorrektur, und können bei schlechten Empfangsverhältnissen eine fehlerfreie Erkennung nicht gewährleisten. Um eine zuverlässige Zeitinformation zu erhalten, ergreift man zusätzliche Maßnahmen, zum Beispiel indem die Redundanz der Zeitinformation in aufeinanderfolgenden Minuten ausgewertet wird.

Genauigkeit: Erkennung des Sekundenbeginns

Auch mit optimierten Dekodieralgorithmen und keiner zu starken Bandbegrenzung im Empfangsfilter liegt die zeitliche Unsicherheit, mit der der exakte Beginn der amplitudenmodulierten Sekundenmarken erkannt werden kann, bei wenigstens etwa 100 Mikrosekunden. Haushaltsübliche Funkuhren setzen schmalbandige Empfänger ein (mit 10 Hz Bandbreite) und können daher den Sekundenbeginn nur auf 0,1 s genau feststellen.

Pseudozufallsfolge bzw. Phasenmodulation

Zusätzlich zur amplitudenmodulierten Zeitübertragung wird seit Juni 1983 diese Information auch über eine Phasenmodulation des Trägers mit einer Pseudozufallsfolge (PZF) in einer Länge von 512 Bit übertragen. Mittels Kreuzkorrelation kann mit dem auf Empfangsseite reproduzierten Signal der exakte Beginn der Sekundenmarken wesentlich besser ermittelt werden. Die PTB Braunschweig gibt die immer noch hinzunehmenden Ungenauigkeiten mit 6,5–25 μs an, abhängig von Tages- und Jahreszeit.

Zusatznutzung

Alarmierung

Seit 1999 gibt es Untersuchungen und Versuche, über den Sender DCF77 zusätzlich Alarmierungen auszulösen, beispielsweise im Katastrophenschutz oder bei größeren Schadenslagen (Chemiekatastrophe, Hochwasser). Im Auftrag des Bundesministeriums des Innern führte die Firma HKW-Elektronik GmbH Ende 2003 zusammen mit Testteilnehmern aus Katastrophenschutzorganisationen einen Feldversuch zur Signalisierung von Alarmen in den Sekundenmarken 0 bis 14 des Signals durch. Laut PTB bewies dieser Test erfolgreich bundesweit die Zuverlässigkeit eines solchen Systems. Anfang 2004 legte die PTB mit dem Abschlussbericht dieses Testes dem Bundesinnenministerium nahe, den DCF77-Sender langfristig als Teil eines Systems zur Bevölkerungswarnung einzusetzen.

Bit-Struktur DCF77-Alarmsignal des Feldversuches

Die Struktur der Bits für den Feldversuch zur Bevölkerungswarnung im Katastrophenfall hat folgenden Aufbau

1. Minute
Kurzblock Kurzblock
Bit-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Bedeutung A D1 D2 P1 D3 P2 P3 A D1 D2 P1 D3 P2 P3
2.+ 3. Minute
Langblock
Bit-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Bedeutung D4 D5 D6 D7 D8 D9 P4 D10 D11 D12 P5 D13 P6 P7
A: Alarmbit, Hinweis, dass nachfolgend Adressdaten übermittelt werden
Dx: Datenbits
Px: Sicherungsbits, Parity-Bits

Die übermittelten Daten wurden doppelt gesichert: Parity-Bits und Wiederholung der Übermittlung. Der Kurzblock, in der ersten Minute zweimal gesendet, enthält eine grobe Einteilung der Bundesrepublik in drei Regionen. Der Langblock, in der zweiten und dritten Minute gesendet, enthält die feinere Gliederung der im Kurzblock übermittelten Region bis hinunter auf Kreisebene.

Wetterdaten

Seit dem 22. November 2006[7] werden über den Sender DCF77 in den Sekundenmarken 1 bis 14 neben Katastrophenmeldungen auch Wetterdaten übertragen. Entsprechend ausgerüstete Funkuhren sind damit in der Lage, für 60 Regionen in Europa eine viertägige Wettervorhersage anzuzeigen. Die Wetterdaten werden von der Schweizer Firma Meteo Time GmbH bereitgestellt. Sie werden im proprietären Meteo-Time-Protokoll übertragen,[6] für dessen Entschlüsselung eine Lizenz benötigt wird.

Da die vorher für die PTB reservierten Sekundenmarken 1 bis 14 verwendet werden, sollten ältere Funkuhren von dem Wettersignal nicht beeinträchtigt werden. Tatsächlich waren jedoch einige Funkwecker, Bahnhofsuhren und Uhren auf öffentlichen Plätzen mit fehlerhaften Dekodiereinheiten ausgestattet, sodass diese Uhren nach einiger Zeit stehen blieben.

Network Time Protocol

Bei Zeitservern steht die Kennung .DCFa. für einen Standard-DCF77-Empfänger als Referenzzeitquelle.[8]

Siehe auch

Literatur

  • Peter Hetzel: Zeitinformation und Normalfrequenz, in: telekom praxis, Heft 1/1993, S. 25–36.
  • Peter Hetzel: Der Langwellensender DCF77 auf 77,5 kHz: 40 Jahre Zeitsignale und Normalfrequenz, 25 Jahre kodierte Zeitinformation, in: PTB-Mitteilungen, Vol. 109, S. 11–18, 1999.
  • Dirk Piester, Peter Hetzel, Andreas Bauch: Zeit- und Normalfrequenzverbreitung mit DCF77, in: PTB-Mitteilungen, Vol. 114, S. 345–368, 2004.

Weblinks

Einzelnachweise

Quelle